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Biologie

Stadtspinnen sind größer

Wärme, reichlich Beute und gute Netzbau-Standorte fördern Wachstum und Fruchtbarkeit

Die Netzspinne Nephila plumipes profitiert von den Eigenheiten der Stadt. © Elizabeth Lowe

Keine guten Nachrichten für urbane Spinnenphobiker: In der Stadt werden einige Spinnen größer und vermehren sich stärker als auf dem Land. Das zeigt das Beispiel einer Seidenspinne im australischen Sydney. Viele dieser achtbeinigen Räuber profitieren demnach von den typischen Lebensbedingungen in der Stadt und das wirkt sich auch auf ihre Körpergröße aus, wie die Forscher im Fachmagazin „PLoS ONE“ berichten.

In der Stadt herrschen ganz eigene Bedingungen – auch und gerade für die Tierwelt. Wer hier lebt, der darf sich von Beton, Asphalt und Lärm nicht schrecken lassen und sollte auch hinsichtlich seiner Nahrung nicht wählerisch sein. Gleichzeitig hat das Stadtleben auch Vorteile: Es ist wärmer als im Umland, der Lebensraum ist in unzählige Mikrohabitate gegliedert und viele Fressfeinde bleiben lieber fern. Kein Wunder also, dass sich viele Tiere längst in unseren Städten heimisch fühlen.

Sydney als Teststadt

Das Stadtleben geht aber nicht spurlos an seinen Bewohnern vorüber, wie jetzt die Studie von Elizabeth Lowe und ihren Kollegen von der University of Sydney belegt. Sie haben untersucht, welchen Einfluss der urbane Lebensraum auf die Größe und Fruchtbarkeit der Seidenspinne Nephila plumipes hat. Diese netzbauende Spinnenart ist in Australien und der asiatischen Pazifikregion verbreitet und kommt dort sowohl in ländlichen Gebieten als auch in Großstädten vor.

Für ihre Studie sammelten die Forscher 222 weibliche Spinnen aus unterschiedlich stark städtisch geprägten Orten in und um Sydney und verglichen ihre Körpergröße, die Mange an eingelagertem Fett und das Gewicht der Eierstöcke – letzteres als Maß der Fruchtbarkeit.

Größer, wohlgenährter und fruchtbarer

Das Ergebnis: In den innenstädtischen Bereichen mit viel Beton- und Asphaltflächen und wenig Pflanzenbewuchs waren die Spinnen deutlich größer und wohlgenährter als in den grüneren Vororten. Ein Grund dafür: Die Seidenspinnen profitieren von den vielen rechtwinkligen Kanten menschlicher Konstruktionen, denn sie eignen sich besonders gut für ihren Netzbau. Dadurch gehen ihnen besonders viele Beutetiere ins Netz – und wer mehr frisst kann stärker wachsen.

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Es gibt aber noch etwas, dass die Stadtspinne größer werden lässt: Typischerweise ist es in den Innenstädten einige Grad wärmer als in der Umgebung, weil Beton und Asphalt die Sonnenwärme speichern und die Luft vor allem nachts stärker aufheizen. Von Spinnen ist bekannt, dass sie bei höheren Temperaturen stärker wachsen – so offensichtlich auch die Seidenspinne. Gleichzeitig kann sie bei ausreichend Beute offensichlich ihre Fortpflanzung hochregeln und sorgt so dafür, dass sie sich ausbreitet.

Erfolg dank günstiger Voranpassungen

„Nephila plumipes ist dazu prädestiniert, von einer urbanen Umgebung zu profitieren“, konstatieren die Forscher. Sie bevorzugt von Natur aus scharfe Kanten für ihre Netze und benötigt nicht unbedingt Vegetation. Wenn es genügend Beute gibt, kann sie sehr schnell große Zahlen erreichen. Sie bringt damit schon von vornherein Anpassungen mit, die ihr beim Überleben in der Stadt nützlich sind.

Die Seidenspinne ist damit aber nicht die einzige. Auch in unseren Breiten gibt es viele Spinnen, die sich längst an unserer Städte und Häuser angepasst haben. Ob auch sie größer sind als ihre landlebenden Artgenossen, ist bisher nicht untersucht – es ist aber durchaus wahrscheinlich. Für Spinnenphobiker ist das sicher keine willkommene Neuigkeit. (PLoS ONE, 2014; doi: 10.1371/journal.pone.0105480)

(Public Library of Sciences, 21.08.2014 – NPO)

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