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Geowissen

Genauester Blick auf alte Eruptionen

Eisbohrkerne verraten Klima-Auswirkungen von Vulkanausbrüchen der letzten zwei Jahrtausende

Der Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen am 12. Juni 1991 schleuderte gewaltige Mengen Asche bis in die Stratosphäre. © Dave Harlow, USGS / gemeinfrei

Tagebuch des Vulkanismus im Eis: Ein internationales Forscherteam hat die bisher präziseste Rekonstruktion großer Vulkanausbrüche auf der Südhalbkugel in den vergangenen 2.000 Jahren erstellt. Mit den Daten aus antarktischen Eisbohrkernen lässt sich genauer bestimmen, welchen Einfluss Vulkane auf das globale Klima haben: Die beiden größten Ausbrüche spien demnach deutlich weniger klimaschädliche Schwefelverbindungen in die Atmosphäre als erwartet, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“.

Vulkanausbrüche haben mitunter globale Auswirkungen auf das Klima: Bei der Explosion des Pinatubo auf den Philippinen im Jahr 1991 etwa gelangten gewaltige Mengen an Schwefelverbindungen bis in die Stratosphäre. Diese verteilten sich dort um die ganze Erde und schwächten die Sonneneinstrahlung mehrere Jahre lang ab – weltweit sanken die Durchschnittstemperaturen.

Jahrtausende im Eis nachweisbar

Erdgeschichtlich gesehen sind solche Ereignisse gar nicht so selten: Insgesamt 116 große Vulkanausbrüche in den vergangenen 2.000 Jahren hat ein internationales Forscherteam um Michael Sigl vom Desert Research Institute (DRI) in Nevada identifiziert. Im Durchschnitt liegen damit weniger als 20 Jahre zwischen solchen Eruptionen. Die Wissenschaftler gewannen diese Informationen aus insgesamt 25 Eisbohrkerne von 19 verschiedenen Orten in der Antarktis. In solchen Bohrkernen sind charakteristische Schwefelverbindungen, besonders Sulfate, noch nach Jahrtausenden nachweisbar. Rückwirkend lassen sich so Erkenntnisse über Schwefelpartikel in der Atmosphäre und ihre Auswirkungen auf das Klima gewinnen.

Bis aufs Jahr genau konnten die Forscher einzelne Vulkanausbrüche auf der Südhalbkugel innerhalb der letzten zwei Jahrtausende datieren. Die neue Studie ist damit bisher die genaueste Untersuchung dieser Art. „Für die Zeit bis zum Jahr 500 gab es bisher überhaupt keine derartige Rekonstruktion“, erklärt Erstautor Sigl, „die Vulkangeschichte zwischen 500 und 1500 konnten wir deutlich präzisieren.“

Überraschung bei den größten Ausbrüchen

Tiefere Einblicke erhielten die Forscher so auch in die beiden größten Vulkankatastrophen in diesem Zeitraum: die Ausbrüche des indonesischen Samalas im Jahr 1257 und des Kuwae auf Vanuatu im Jahr 1458. Der Kuwae-Ausbruch sorgte von China bis Nordeuropa für Missernten und strenge Winter. Die Bohrkernanalysen brachten jedoch eine Überraschung: Beide großen Eruptionen hinterließen etwa ein Drittel weniger Schwefelverbindungen in der Antarktis als nach bisherigen Modellen .

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„Das deutet darauf hin, dass diese Ereignisse eine schwächere Kühlwirkung auf das globale Klima hatten, als bisher angenommen“, sagt Koautor Matthew Toohey vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Solche Informationen sind entscheidend, um natürliche Klimaschwankungen besser zu verstehen. Damit sind noch exaktere Modelle möglich, um letztendlich natürliche Klimaschwankungen von menschengemachten zu unterscheiden.

Verteilung unregelmäßig

Atmosphärenspezialist Toohey hat zusätzlich in einem Computermodell simuliert, wie sich die Schwefelverbindungen in der Atmosphäre verteilen und wie sie das Klima beeinflussen. Das Ergebnis: „Beobachtungen und Modellergebnisse zeigen beide, dass die Schwefelverbindungen der einzelnen Ausbrüche sich nicht gleichmäßig über die Antarktis verteilen“, berichtet Toohey. Für ein vollständiges Bild benötigen Wissenschaftler daher Bohrkerne von möglichst vielen Orten in der Antarktis. „Das klingt einfach und plausibel, war bisher aber nicht gegeben, weil in der Vergangenheit nicht genug Eisbohrkerne zur Verfügung standen“, so Toohey.

In Zukunft wollen die Wissenschaftler ihre Arbeit von der Südhalbkugel auf die gesamte Erde ausdehnen und dafür auch Eisbohrkerne aus Grönland heranziehen. „Für uns Modellierer geht es außerdem darum, die Daten aus Eisbohrkernen präziser in Sulfatbelastungen der Atmosphäre umrechnen zu können“, führt Toohey aus. „Dann können wir noch genauer den Einfluss jedes einzelnen Vulkanausbruchs auf das Klima nachvollziehen“.

(Nature Climate Change, 2014; doi: 10.1038/nclimate2293)

(GEOMAR, 07.07.2014 – AKR)

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