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Biologie

Warum Koalas ihren Baum umarmen

Kuscheln mit dem Stamm bringt Kühlung an heißen Sommertagen

Koala in einem Eukalyptusbaum: Ab 30°C fangen auch sie an zu schwitzen. © freeimages

Koalas schmiegen sich oft eng an den Stamm eines Baumes, scheinen ihn geradezu zu umarmen. Warum, haben jetzt australische Forscher herausgefunden: Die Stämme einiger Baumarten sind fast neun Grad kühler als die umgebende Luft. Die Beutelbären nutzen sie daher bei sommerlicher Hitze als natürliche Klimaanlage: Klettert das Thermometer über 30 Grad, kuscheln sie sich besonders eng an den Baum.

So kennt man die in Australien heimischen Koalas: Entspannt auf einem Eukalyptusbaum hockend, die Arme eng um den Stamm gelegt. Weniger entspannt ist allerdings das Klima in ihrem Lebensraum: Im Sommer kann es dort über 30 Grad heiß werden, der Körper der Koalas droht dabei zu überhitzen. Beobachtungen in Zoos und Laboren zeigen, dass die Koalas dieses Problem ähnlich lösen wie wir Menschen: Sie schwitzen. Bei Temperaturen über 25-30°C sorgt der verdunstende Schweiß für die Kühlung der Haut und hilft dabei, die Körpertemperatur stabil zu halten.

Schwitzen allein reicht nicht

Das Problem dabei: Durch das Schwitzen geht viel Wasser verloren, und dieses ist für wildlebende Koalas nicht leicht zu ersetzen. Sie decken ihren Wasserbedarf vorwiegend durch Tau und Regentropfen auf den Eukalyptusblättern. Bei Hitze und Trockenheit aber fehlt diese Wasserquelle, deshalb kann ein zu großer Wasserverlust über das Schwitzen für sie tödlich sein. Wie die plüschigen Beutelbären dieses Problem lösen, haben Natalie Briscoe von der University of Melbourne und ihre Kollegen nun untersucht.

Die Forscher rüsteten dazu 37 Koalas im Südosten Australiens mit Funkhalsbändern aus und beobachteten Position, Körperhaltung und Bewegung der Tiere und maßen mit Hilfe einer portablen Wetterstation die Wetterbedingungen in ihrem jeweiligen Mikrohabitat. Mit Hilfe einer Thermokamera zeichneten sie zudem die Temperatur der Stämme und Äste von fünf Baumarten auf, die im Koala-Lebensraum häufig vorkamen.

Ein Koala in typischer "Baumumarmer"-Pose © freeimages

Enges Baumkuscheln an heißen Tagen

Wie sich zeigte, gab es deutliche Unterschiede im Verhalten der Koalas an milden und an heißen Tagen: „Bei heißem Wetter streckten die Koalas alle Gliedmaßen von sich und schienen die Stämme und großen Äste der Bäume gerade zu umarmen“, berichten Briscoe und ihre Kollegen. Sie hielten sich zudem weiter unten im Baum auf und mieden die Baumkronen.

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Auffallend dabei: Stieg das Thermometer über 30°C, verließen die Koalas die Eukalyptusbäume und schmiegten sich stattdessen an den Stamm von Akazien (Acacia mearnsii) – einem Baum, dessen Blätter sie nicht fressen und auf dem sie daher sonst nur extrem selten zu finden sind, wie die Forscher berichten.

Akazienstamm als Kühl-Pad

Warum die Beutelbären bei Hitze die Akazien bevorzugen, enthüllten die Messungen der Thermokamera: „Die Stämme dieser Bäume waren bis zu 8,9°C kühler als die umgebende Luft“, berichten die Wissenschaftler. Die Temperatur der Eukalyptus-Stämme lagen dagegen nur 1,46 bis 1,87°C unter der Lufttemperatur. Offensichtlich gibt es demnach große Unterschiede darin, wie stark die Bäume ihr eigenes Mikroklima schaffen.

Die Koalas scheinen dies erkannt zu haben und nutzen gezielt die kühlen Akazienstämme als natürliche Klimaanlage. Und das ist erstaunlich effektiv, wie die Forscher ermittelten: Ein Koala von rund elf Kilo Körpergewicht müsste bei einer Temperatur von 35°C rund 11,3 Watt an Wärme durch Schwitzen verlieren. Schmiegt er sich an einen kühlen Baumstamm, deckt diese Kühlung 68 Prozent davon ab. Er muss dadurch weniger schwitzen und verliert auch weniger wertvolles Wasser.

Auch andere Tiere nutzen die „Stammkühlung“

Die Neigung der Koalas, bei Hitze ihre Bäume besonders eng zu umarmen, hat daher wenig mit Bequemlichkeit zu tun und umso mehr damit, sich die nötige Kühlung zu verschaffen. Nach Ansicht der Forscher sind die Beutelbären aber vermutlich nicht die einzigen, die Baumstämme als Kühlungshelfer nutzen: Auch Leoparden, Affen und andere baumlebende Tiere könnten auf diese natürlichen Klimaanalgen angewiesen sein.

„Das bedeutet, dass Bäume, die kühle Stämme besitzen oder besonders dichten Schatten spenden wichtige Komponenten der Lebensräume dieser Arten sind – selbst wenn sie keine Futterquellen sind“, betonen die Forscher. Dies müsse auch berücksichtigt werden, wenn man beurteilen will, wie gut eine Tierart in einem Habitat noch überleben kann – vor allem angesichts der durch den Klimawandel steigenden Temperaturen. (Biology Letters, 2014; doi: 10.1098/rsbl.2014.0235)

(Royal Society, 04.06.2014 – NPO)

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