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Materialforschung

Seifenschaum stoppt Schallwellen

Überraschender Effekt schwächt und blockiert Ultraschall

Seifenschaum © André Karwath / (CC BY-SA 2.5)

Unerwartet widerstandsfähig: Seifenblasen gelten als ein Symbol für Zerbrechlichkeit. Ein Schaum aus Seifenblasen kann jedoch überraschend effektiv Schallwellen abschwächen und sogar vollständig blockieren, wie französische Wissenschaftler entdeckt haben. Mit diesem Effekt könnten auch neue schalldämpfende Materialien möglich sein, so die Forscher im Magazin „Physical Review Letters“.

Die Eigenschaften eines Schaumes, vom Rasierschaum bis zum Industrieschaum im Bergbau, sind schwer zu messen – Schaum ist in der Regel instabil und undurchsichtig. Er besteht zu neun Zehnteln aus Luft, der Rest ist Flüssigkeit in den Wänden der Blasen und in dünnen Kanälen dazwischen. Entscheidend für seine Eigenschaften ist die Größe der einzelnen Blasen.

Blasengröße messen mit Ultraschall

Dass Schaumblasen Schallwellen abschwächen können, ist bereits seit längerem bekannt. Daher suchten die Physiker um Valentin Leroy vom französischen Zentrum für wissenschaftliche Forschung nach einer Möglichkeit, die Struktur des Schaums mit Schall zu untersuchen. Je nach Größe der Blasen im Schaum, so ihre Theorie, sollten bestimmte Frequenzen unterschiedlich stark abgeschwächt werden.

Die Forscher schäumten für ihr Experiment eine Lösung des Tensids Natrium-Dodecylsulfat mit Luft und dem Gas Perfluorohexan auf. Dann beschallten sie eine 0,5 Millimeter dicke Schicht des resultierenden Schaums zwischen zwei Kunststofffolien mit Ultraschallwellen. Der untersuchte Frequenzbereich lag bei 60 bis 600 Kilohertz. Zum Vergleich: Das menschliche Ohr nimmt einen Bereich von etwa 20 Hertz bis 20 Kilohertz wahr.

Erklärung im Schaum-Modell

Überraschenderweise stellten die Wissenschaftler fest, dass der analysierte Schaum Schallwellen mit bestimmten Frequenzen nicht nur dämpfte, sondern vollständig schluckte. Welche Frequenzen dies waren, veränderte sich jedoch im Laufe des Experiments. Der Grund:

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Die Blasen im Schaum dehnten sich mit der Zeit langsam aus: Innerhalb von etwa 90 Minuten wuchsen sie von rund 15 Mikrometern auf eine durchschnittliche Größe von 50 Mikrometern an.

Und das wirkte sich auf ihre schallschluckende Wirkung aus, wie die Forscher berichten: Bei einer Größe von 35 Mikrometern unterdrückten sie den Frequenzbereich um 150 Kilohertz komplett, bei 45 Mikrometern Blasengröße waren es nur noch 100 Hertz. Die Höhe der absorbierten Frequenzen sind demnach abhängig von der Blasengröße.

Mit einem Modell fanden Leroy und seine Kollegen auch die Erklärung für diesen Effekt. Sie stapelten mehrere starre Kunststoffringe, die jeweils mit einer flexiblen Membran überzogen waren. Die Membranen in diesem Modellschaum-Stapel stehen dabei für die Wände der Blasen, die Ringe entsprechen den mit Flüssigkeit gefüllten Kanälen dazwischen. Treffen nun Schallwellen auf diese Struktur, geraten alle Bestandteile in Schwingungen – auf diese Weise werden die Wellen weitergeleitet.

Schwingungen geraten aus dem Takt

Bei niedrigen Frequenzen schwingen Membranen und Ringe im Takt. Die Membranen sind jedoch deutlich flexibler und können schneller schwingen als die Ringe. Bei höheren Frequenzen hinken die Schwingungen der Ringe daher hinterher. In einem bestimmten Frequenzbereich verschieben sich die Schwingungen genau so gegeneinander, dass sie sich gegenseitig aufheben: Auf der anderen Seite des Modells kommt kein Schall mehr an, genau wie im Schaum.

Die Wissenschaftler hoffen, dass sich dieser Effekt in Zukunft auf zwei Arten einsetzen lässt. Einerseits wollen sie, wie ursprünglich geplant, Eigenschaften und Qualität von aufgeschäumten Produkten überprüfen können. Andererseits sollen die Erkenntnisse bei der Entwicklung von schalldichten Isolierungsmaterialien helfen. (Physical Review Letters, 2014; doi: 10.1103/PhysRevLett.112.148307)

(Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS), 16.05.2014 – AKR)

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