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Umwelt

Ozean: Selbstreinigung nach Ölunfall überschätzt

Nach Deepwater Horizon-Unfall bauten Bakterien weniger Methangas ab als erhofft

Löschschiffe versuchen den Brand der Deepwater Horizon zu löschen - vergeblich. © U.S. Coast Guard

Die Selbstreinigungskraft des Ozeans nach einem Öl- und Gasaustritt ist geringer als erhofft: Nach dem Blowout der Bohrplattform Deepwater Horizon bauten Bakterien nur etwa die Hälfte des ausgetretenen Methangases ab – obwohl genug Nachschub da war, wie Messungen zeigen. Das ist nicht nur viel weniger als gedacht, es zeigt auch, dass die Folgen solcher Unfälle länger nachwirken, mahnen die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Am 20. April 2010 begann mit einer Explosion auf der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko eine der größten Umweltkatastrophen der Neuzeit. Rund 700 Millionen Liter Öl und 500.000 Tonnen Methangas strömten 84 Tage lang aus dem geborstenen Bohrloch ins Meer. Der hohe Druck und die große Tiefe machen es zunächst unmöglich, das Leck zu verstopfen. Weite Bereiche der US-Golfküste werden verölt.

Mikroben als Methanfresser

Ein Großteil des ausgelaufenen Öls und Gases konnte nicht beseitigt werden. Allerdings ergaben erste Berichte nach der Ölpest, dass Bakterien am Meeresboden und im Meerwasser einen erheblichen Teil des Öls und das komplette Methangases beseitigt hatten. Das weckte die Hoffnung, dass der Ozean über eine größere Selbstreinigungskraft verfügen könnte als gedacht. Vor allem beim Methan ist dies relevant, das dieses Gas eine rund 30-fach stärkere Treibhauswirkung besitzt als Kohlendioxid.

Doch Meeresforscher um Samantha Joye von der University of Georgia setzen diesen Hoffnungen nun einen Dämpfer auf. Für ihre Studie werteten sie Daten von Wasserproben aus, die direkt vor dem Blowout und in den neun Monaten danach in verschiedenen Gebieten des Golf von Mexico genommen worden waren. Sie analysierten die Methankonzentrationen und das Vorkommen von Bakterien in Wasser und Sediment.

Zusammenbruch der Populationen trotz Gasnachschub

Wie sich zeigte, stieg die Menge der methanfressenden Bakterien in den zwei Monaten nach dem Blowout rapide an. Doch dann fiel die Aktivität der Mikroben abrupt ab – obwohl noch immer Gas aus dem zerstörten Bohrloch strömte. Wie die Forscher erklären, spricht dies nicht dafür, dass ein Mangel an Methannachschub für diesen Zusammenbruch der Populationen verantwortlich war. Stattdessen führten andere Faktoren zum Ende des Bakterienwachstums.

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„Damit diese Bakterien effizient arbeiten können, benötigen sie unbegrenzten Zugang zu Nährstoffen wie anorganischem Stickstoff und Spurenelementen“, erklärt Joye. Doch genau das war nach dem Deepwater Horizon Blowout nicht der Fall. Anfangs sorgte die Methanschwemme zwar für eine rasante Vermehrung der methanfressenden Bakterien. Diese zersetzen rund die Hälfte des freigesetzten Gases, bevor ihre Population zusammenbrach, wie die Forscher ermittelten. „Wir vermuten, dass das Fehlen essenzieller Nährstoffe und eine unzureichende Verteilung des Methans im Wasser eine vollständige Zersetzung verhinderte“, so Joye.

Selbstreinigungskraft überschätzt

Nach Ansicht der Forscher zeigen ihre Ergebnisse, dass frühere, kurzfristigere Studien die Selbstreinigungskraft des Ozeans überschätzt haben. Offenbar machen es die Umweltfaktoren sogar nahezu unmöglich, dass Mikroben austretendes Methangas vollständig abbauen. Es sei daher dringend nötig, das Verhalten und die Biologie solcher methanzersetzenden Mikroben besser zu verstehen, um die Umweltauswirkungen künftiger Unfälle und Lecks besser abschätzen zu können.

„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der nächste schwere Zwischenfall wie Deepwater Horizon passiert“, sagt Joye. „Wir müssen daher verstehen, welche Faktoren bestimmten, wie schnell und vollständig Bakterien Methan konsumieren können.“ (Nature Geoscience, 2014; doi: 10.1038/ngeo2156)

(Nature/ University of Georgia, 12.05.2014 – NPO)

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