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Klima

Klimabericht: „Wir sind nicht vorbereitet“

IPCC mahnt zu mutigeren und rechtzeitigen Anpassungen an klimabedingte Veränderungen

Titelblatt des 2. Teils des aktuellen Weltklimaberichts © IPCC

Die Folgen des Klimawandels sind bereits weltweit spürbar – von den Polargebieten bis in die Tropen und von den ärmsten bis zu den reichsten Ländern. Kaum eine Region ist aber bisher für die klimabedingten Veränderungen gerüstet. Das ist das Fazit des heute veröffentlichten 2. Teils des Weltklimaberichts der IPCC. Er bestätigt auch erneut, dass eine Erwärmung um deutlich mehr als zwei Grad gravierende, schwer auszugleichende Auswirkungen haben könnte.

Vor etwa einem halben Jahr, im Oktober 2013, hatte der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) den ersten Teil seines fünften Weltklimaberichts veröffentlicht. In diesem ging es zunächst um eine Beschreibung des aktuellen Klimawandels an sich und die Prognose der Klimaentwicklung. Der jetzt in Yokohama vorgestellte zweite Teil befasst sich mit den Auswirkungen dieser Entwicklung auf Natur und Mensch und auch die Möglichkeiten, negative Folgen noch abzuwenden.

„Der Working Group II Report ist ein weiterer wichtiger Schritt in unserem Verständnis dazu, wie wir die Risiken des Klimawandels senken und mit ihnen umgehen können“, erklärt der IPCC-Vorsitzende Rajendra Pachauri. Zusammen mit Teil 1 und 3 liefere dies nicht nur einen Überblick über die Herausforderungen des Klimawandels, sondern auch Optionen für Lösungen. An dem aktuellen Teilbericht arbeiteten 309 Leitautoren und Koordinatoren aus 70 Ländern

zusammen mit 436 weiteren Forschern und 1.729 Experten.

Folgen schon heute überall messbar

Eines der Hauptergebnisse des Reports: Es gibt kaum eine Region auf der Erde, die nicht bereits die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommt. Egal ob der Arktis, den gemäßigten Breiten oder den Tropen: Nahezu überall hat die Erwärmung nicht nur Klimaphänomene wie Schnee, Frost oder Dürren beeinflusst, sie hat auch bereits Tier und Pflanzenwelt an Land und im Meer verändert, so die Forscher. Viele Arten haben ihre geografische Verbreitung, ihre Häufigkeit oder ihre saisonalen Wanderungsbewegungen bereits verändert. Die Forscher stufen viele einzigartige und bedrohte Ökosysteme als akut durch den Klimawandel gefährdet ein.

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Sinkende und steigende Erträge durch den Klimawandel - der Trend geht zum Verlust. © IPCC

Und auch Mensch und Wirtschaft sind bereits betroffen: Bei den Ernteerträgen der Landwirtschaft gibt es schon jetzt weltweit mehr Verlier als Gewinner. In den nächsten Jahrzehnten könnten die Erträge im Ackerbau zudem weiter sinken, so die Prognose. Wassermangel und Dürren, aber auch Hitzewellen sorgen zudem schon jetzt für signifikante Auswirkungen. In Europa und den nördlichen Breiten sorgen vor allem ungewohnte Hitzewellen für mehr Todesfälle, zudem steigt das Risiko für Sturmfluten und Überschwemmungen.

Bisher ist die Menschheit kaum vorbereitet

„Der Bericht zeigt, dass Menschen, Gesellschaften und Ökosysteme rund um die Welt betroffen sind – die Anfälligkeit liegt dabei je nach Ort in einem anderen Bereich“, erklärt Chris Field,

einer der Leiter der Arbeitsgruppe II. Oft erhöht die Wechselwirkung des Klimawandels mit anderen Belastungen das Risiko noch. Besonders anfällig sind die Länder und Regionen, die ohnehin unter wirtschaftlichen Problemen leiden und nur wenig aus eigener Kraft tun können, um sich an die veränderten Bedingungen anzupassen.

Ein weiteres Fazit der IPCC-Forscher: Bisher ist die Menschheit nur ungenügend für die kommenden Veränderungen gerüstet. „In vielen Fällen sind wir nicht einmal auf die klimabedingten Risiken vorbereitet, denen wir bereits gegenüberstehen“, sagt Vicente Barros, einer der Leiter der Arbeitsgruppe II des IPCC. Es sei dringend nötig, mehr in Anpassungsmaßnahmen zu investieren – das zahle sich sowohl, heute als auch in der Zukunft aus.

Der Grad der Erwärmung entscheidet

Und noch einen Punkt bestätigt der aktuelle Bericht: Je stärker die zukünftige Erwärmung ausfallen wird, desto schwerer wird es, die Folgen abzuwenden oder zumindest abzuschwächen. Steigen die Temperaturen um vier Grad oder mehr gegenüber den vorindustriellen Werten, dann seien viele menschliche Aktivitäten und die globale Nahrungssicherheit gefährdet. Zudem müsse man mit einem substanziellen Aussterben von Arten rechnen.

„Bei einer starken Erwärmung, verursacht durch anhaltendes Wachstum der Treibhausgas-Emissionen, werden die Folgen nur noch schwer zu bewältigen sein“, warnt Fields. „Selbst starke, dauerhafte Investitionen in Anpassungen werden dann an ihre Grenzen stoßen.“ Daher müssen schon jetzt mutigere und ehrgeizigere Anpassungen angestoßen werden, um mit der Entwicklung Schritt zu halten. „Wir stehen definitiv einigen Herausforderungen gegenüber“, betont Fields. Aber wenn man diese Herausforderungen verstehe und kreativ angehe, dann könne man Anpassungen an den Klimawandel machen, die unsere Welt auch in der Zukunft erhalten.

(IPCC, 31.03.2014 – NPO)

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