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Genetik

3D-Modell liefert Zusammenhang zwischen Gesicht und Genen

Wissenschaftler identifizieren genetischen Hintergrund einzelner Gesichtszüge

Gesichter: Variationen durch Geschlecht und Abstammung; europäische Abstammung links, afrikanische Abstammung rechts; männlich oben, weiblich unten © Shriver, Claes; Penn State

Jedes menschliche Gesicht ist einzigartig – wie diese unendlichen Variationen zustande kommen, ist jedoch unbekannt. Eine Studie im Fachmagazin „PLOS Genetics“ beschreibt jedoch nun, wie sich die Bedeutung spezifischer Gene für einzelne Gesichtszüge erforschen lässt. In Zukunft soll eine DNA Probe genügen, um das Gesicht eines Menschen zu rekonstruieren.

Ein Gesicht anhand der Form der Knochen nachzubilden, ist schon länger möglich. Wenn die DNA dazu noch Hinweise auf Geschlecht, Herkunft, Haut- und Haarfarbe gibt, können kriminalistische oder archäologische Untersuchungen bemerkenswert gute Rekonstruktionen liefern. Sie sind dabei allerdings bislang auf einen entscheidenden Ausgangspunkt angewiesen: den Schädel. Eine neue Technik könnte das ändern. Allein eine DNA-Probe könnte bald ausreichen, um das Gesicht eines Menschen im Computer zu rekonstruieren.

Gen-Effekte in digitalisierten Gesichtern

Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter Leitung von Mark D. Shriver von der Pennsylvania State University hat erste Ergebnisse dabei erzielt, den Einfluss einzelner Gene auf die Gesichtszüge zu erforschen. Dazu betrachteten die Wissenschaftler unterschiedliche Bevölkerungsgruppen aus den USA, Brasilien und von den Kapverdischen Inseln. In diesen Beispielgruppen vermischen sich westafrikanische und europäische Abstammung. Die Gesichter der Versuchspersonen überlagerten sie im Computer mit einem 3D-Gitter, um sie digital vermessen zu können.

Mit Hilfe statistischer Methoden konnten sie anschließend bestimmen, welchen Einfluss das Geschlecht, die Abstammung und spezifische Gene auf die Form des Kopfes und des Gesichts haben. Diese Faktoren lassen sich im erstellten Modell unabhängig voneinander berechnen. Dadurch lassen sich Geschlecht und Abstammung gewissermaßen herausrechnen – übrig bleibt der Effekt der ausgesuchten Gene.

Kandidaten für diese Gene wählte das Team anhand von bereits bekannten Mutationen aus. Manche Fehlbildungen in Schädel und Gesicht werden durch solche Mutationen verursacht. Die Forscher vermuteten daher, dass die betroffenen Gene auch im „Normalzustand“ das Aussehen des Gesichts beeinflussen. So fanden sie spezifische Gene, die zum Beispiel die Form der Lippen, der Knochen um die Augen oder der Wangenknochen verändern können.

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Umwelt und sozialer Hintergrund beeinflussen Aussehen

Gene allein entscheiden allerdings noch nicht darüber, wie ein Gesicht aussieht. Die Umwelt, Temperaturen, Regen, Luftdruck und andere Faktoren der Umgebung können einzelne Gesichtszüge beeinflussen. Andere Eigenschaften könnten sich durch Selektionsmechanismen langfristig verändern: Innerhalb einer Bevölkerungsgruppe kann es, bewusst oder unbewusst, Vorlieben für bestimmte Merkmale geben. Selbst wenn diese keinen Überlebensvorteil bedeuten, können sie sich dennoch durch Selektion in der Gruppe durchsetzen.

„Umwelt und sozialer Hintergrund sind bedeutende Faktoren, die bestimmen, wie eine Person aussieht“, erläutert Erstautor Peter Claes von der Katholischen Universität Leuven in Belgien. Indem sie Gruppen gemischter Abstammung und verschiedener Herkunft betrachten, erhalten die Forscher eine ausreichende Bandbreite an Eigenschaften. Dadurch können sie Umweltfaktoren aus dem Modell ausschließen und die verschiedenen genetischen Variationen leichter identifizieren.

„Wir verwenden DNA, um Verwandtschaften und Identitäten von Individuen zu bestimmen, aber die DNA bietet noch so viel mehr“, sagt Shriver. Der Anthropologe führt weiter aus: „Zurzeit können wir noch nicht von der DNA auf ein Gesicht schließen, oder vom Gesicht auf die DNA. Aber es sollte möglich sein.“ Die Wissenschaftler glauben, dass es zukünftig möglich sein wird, aus der DNA eines Kindes das Aussehen der Eltern zumindest annäherungsweise darzustellen. In ähnlicher Weise könnten realistische Bilder der Vorfahren des Homo sapiens entstehen. Nicht zuletzt könnten DNA-Phantombilder bei der Verbrechensaufklärung helfen, sowohl Opfer als auch Täter zu identifizieren.

(PLOS Genetics, 2014;doi: 10.1371/journal.pgen.1004224)

(Penn State, 21.03.2014 – AKR)

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