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Zoologie

Tiefseefisch mit neuartiger Augenform entdeckt

Spezielle Spiegel helfen dem Gespensterfisch, auch bei wenig Licht seitliche Objekte zu erkennen

Der Tiefseefisch R. natalensis hat eine außergewöhnliche Augenform entwickelt: Spiegelaugen. © D. A. Flynn (CSIRO)

Forscher haben einen Tiefseefisch mit einer einzigartigen und neuen Augenform entdeckt: Der Gespensterfisch nutzt als Erweiterung seiner nach oben gerichteten Augen eine Art Spiegel. Solche Spiegelaugen waren bisher nur von einem anderen Fisch bekannt – doch die funktionieren ganz anders. Auf unterschiedlichen Wegen sind demnach ähnliche Augenformen entstanden.

In den Tiefen des Ozeans kommt nur wenig Sonnenlicht an. Einige Tiefseefische haben daher nach oben gerichtete Röhrenaugen entwickelt. Damit blicken sie in Richtung Wasseroberfläche und nehmen andere Tiere beispielsweise als Silhouetten gegen das schwache Sonnenlicht wahr. Dem Gespensterfisch Dolichopteryx longipes ist das aber noch nicht genug: Zusätzlich ist er noch mit einer speziellen Form von Augen, sogenannten Spiegelaugen, ausgestattet. Mit kristallinen Spiegeln in seitlichen Aussackungen der Röhrenaugen kann er zusätzlich erkennen, was seitlich und unterhalb von ihm geschieht.

Damit war D. longipes bisher das einzige bekannte Wirbeltier mit Spiegelaugen. Sie waren sonst nur bei Wirbellosen wie Muscheln oder Krebstieren bekannt. Nun haben Julian Partridge von der University of Bristol und seine Kollegen einen nahe verwandten Tiefseefisch untersucht. Der Gespensterfisch Rhynchohyalus natalensis lebt in der südlichen Tasmanischen See zwischen Australien und Neuseeland in 800 bis 1.000 Metern Tiefe.

Zweites Wirbeltier mit Spiegelaugen entdeckt

Als die Forscher ein 18 Zentimeter langes Exemplar dieses Fisches genauer analysierten, entdeckten sie Überraschendes: Auch dieser Tiefseefisch trug als Erweiterung der Röhrenaugen zusätzlich Spiegel. Damit ist R. natalensis das zweite bekannte Wirbeltier, das diese Spezialaugen trägt.

Die beiden Spiegelaugen-tragenden Tiefseefische sind eng miteinander verwandt. Daher lag für die Forscher die Vermutung nahe, dass die Spiegelstrukturen in ihren Augen ähnlich sein würden. Doch in diesem Punkt sorgte R. natalensis für eine weitere Überraschung: Die Spiegelstrukturen der beiden Fische sind unterschiedlich aufgebaut und haben sich außerdem noch aus verschiedenen Geweben entwickelt.

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Unterschiedliche Spiegel

Eine Art „Spiegeloptik“ ist es, die das Sehen mit Spiegelaugen ermöglicht. Reflektierende Guaninkristalle bilden dabei ein Bild auf einer Nebenretina ab. Bei D. longipes entstammen die Kristalle des Spiegels aus einer Pigmentschicht der Netzhaut. Sie sind in den Augen der Fische so angeordnet, dass sie je nach Position verschiedene Reflexionswinkel haben.

Ganz anders hingegen verhält es sich bei R. natalensis: „Hier bildet sich der Spiegel aus der Silberhaut des Auges und die Kristalle im Spiegel sind fast parallel zur Spiegeloberfläche orientiert“, beschreibt Koautor Hans-Joachim Wagner von der Universität Tübingen. Mithilfe von Modellen konnten die Forscher zudem feststellen: Diese Art Spiegel wirft ein helles, recht scharfes Bild auf die Netzhaut des Fisches.

Auch in der Tiefsee ist „Weitsicht“ von Vorteil

Demnach haben zwei verwandte Arten auf unterschiedlichen Wegen eine ähnliche Lösung gefunden, um die Funktion der Röhrenaugen zu ergänzen und ihr Gesichtsfeld zu erweitern. „Offenbar ist ein weites Gesichtsfeld auch in der Tiefsee von Vorteil, wenn sich ähnliche Strukturen unabhängig voneinander entwickeln“, meint Wagner.

Um die Entstehung der ungewöhnlichen Kombination aus Röhren- und Spiegelaugen aus evolutionärer Sicht erklären zu können, bedürfe es aber noch etlicher anatomischer, mathematischer und molekularbiologischer Untersuchungen, wie die Experten berichten. (Proceedings of the Royal Society B, 2014; doi: 10.1098/rspb.2013.3223

(Eberhard Karls Universität Tübingen, 21.03.2014 – KEL)

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