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Geowissen

Merkur ist geschrumpft

Der innerste Planet ist seit seiner Frühzeit kleiner geworden

Der Merkur hat neben den Kratern auch Verwerfungen und Risse, deren Ursprung bis heute rätselhaft war © NASA

Der Merkur ist noch exotischer als gedacht: Er ist geschrumpft, wie Forscher anhand von Daten der Raumsonde MESSENGER feststellten. Sein Durchmesser hat sich sogar noch mehr verringert als es Modelle vorhersagten. Diese Schrumpfung erklärt auch, woher die vielen Steilkanten, Verwerfungen und Risse kommen: Sie entstanden, als sich das Gestein zusammenzog, so die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Der Merkur zeigte einige ungewöhnliche Strukturen auf seiner Oberfläche: lange gewundene Steilkanten, die hunderte von Kilometern lang und bis zu zwei Kilometer hoch sind. Außerdem auffallende Risse in einigen großen Impaktsenken. Auf der Erde käme Geologen bei solchen großräumigen Strukturen vermutlich als erstes die Plattentektonik in den Sinn, die langsame Drift der Krustenplatten.

Schrumpfung statt Tektonik?

Auf dem innersten Planeten jedoch gibt es keinerlei Anzeichen für eine solche Tektonik. „Der Merkur besitzt keine Plattengrenzen, seine Lithosphäre ist ungeteilt“, erklären Paul Byrne von der Carnegie Institution in Washington DC und seine Kollegen. Schon seit längerem vermuten Planetenforscher daher eine andere Ursache: eine Schrumpfung des Planeten.

Der Theorie nach kühlte sich der Merkur vor rund 3,8 Milliarden Jahren allmählich ab, weil das heftige Bombardement mit bei der Planetenbildung übrig gebliebenen Gesteinsbrocken nachließ. Diese Abkühlung zog das Gestein zusammen und ließ den Planeten schrumpfen – um fünf bis zehn Kilometer wie die Modelle vorhersagten. Die noch sehr ungenauen Aufnahmen der Merkursonde Mariner 10 aus den 1970er Jahren erlaubten es aber nicht, diese Theorie schlüssig zu überprüfen.

Hier ist eine der großen Steilkanten (Rupes) des Merkur zu sehen. Sie läuft unter einem Krater - ein Hinweis auf ihr hohes Alter. © NASA/JPL

MESSENGER-Raumsonde liefert entscheidende Daten

Erst die MESSENGER-Sonde der NASA, die 2011 in den Orbit des Merkur einschwenkte, hat nun Aufnahmen geliefert, die einen Beweis oder Gegenbeweis der Schrumpfungs-Theorie zulassen. Für ihre Studie haben Byrne und seine Kollegen 5.934 Steilkanten und Verwerfungen anhand der MESSENGER-Aufnahmen kartiert. Die meisten von ihnen sind zwischen 9 und 900 Kilometer lang, ein Faltensystem erstreckt sich sogar über gewaltige 1.700 Kilometer, wie sie berichten.

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Die Forscher wählten für genauere Analysen 216 in relativ regelmäßigen Abständen um den Planeten verteilte Verwerfungen aus. Anhand ihrer Höhe und Form ermittelten sie, wie stark sich der Merkur zusammengezogen haben muss, um diese Strukturen zu erzeugen.

Renaissance der Schrumpfungstheorie

Und tatsächlich: Der Merkur ist geschrumpft. Um immerhin rund 5,7 Kilometer muss der Planetenradius sich in den vergangenen Milliarden Jahren zusammengezogen haben, wie die Messungen ergaben. „Das ist erheblich mehr als frühere Modelle vorgaben, der Merkur muss demnach in seiner Frühzeit stärker abgekühlt sein als bisher gedacht“, konstatieren Byrne und seine Kollegen.

Interessanterweise hat der innerste Planet damit genau den Prozess durchgemacht, den Geologen im 19. Jahrhundert auch für die Erde annahmen. Denn vor Entdeckung der Plattentektonik hielten sie die irdischen Gebirge für Schrumpfungsfalten unseres Heimatplaneten Inzwischen ist klar, dass die Verwerfungen und Gebirge der Erdoberfläche auf die Bewegungen der Kontinentalplatten zurückgehen. Bei kleineren Bruder der Erde, dem Merkur, aber erlebt die Schrumpfungstheorie nun eine Renaissance. (Nature Geoscience, 2014; doi: 10.1038/ngeo2097)

(Nature Group, 17.03.2014 – NPO)

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