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Paläontologie

Urzeit-Transit über die Inselbrücke

Fossilfunde in Vietnam belegen Wanderung von Urzeit-Säugetieren von Asien nach Europa

Oberkiefer des Kohleschweins Bakalovia orientalis © Senckenberg

Inselhopping auf Urzeit-Art: Vor rund 38 Millionen Jahren wanderten Urzeit-Nashörner und „Kohleschweine“ aus dem fernen Asien bis in das Gebiet Europas ein. Ihr Weg führte sie dabei über eine mehrere tausend Kilometer lange Inselkette – denn eine feste Landbrücke gab es damals noch nicht. Belege für diese interkontinentale Inselwanderung hat ein internationales Forscherteam nun in Vietnam entdeckt.

Südostasien gilt als eine schon seit Urzeiten besonders artenreiche Region, ein sogenannter Hotspot der Biodiversität. Seit einigen Jahrzehnten vermuten Experten, dass im späten Eozän, vor etwa 38 – 34 Millionen Jahren, enge Beziehungen zwischen der Tierwelt in dieser Region und der in Europa bestanden. Damals sah das europäische Festland noch ganz anders aus als heute: Italien und Bulgarien waren Teile einer Inselkette im Tethys-Ozean, die sich über mehrere tausend Kilometer zwischen dem späteren Europa und Indien aufreihte.

Europäische Fossilfunde aus dieser Zeit sind äußerst selten, da in diesen Gebieten durch die spätere Auffaltung von Gebirgen und Erosion wenig Material erhalten blieb. Jetzt haben Madelaine Böhme vom Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment (HEP) der Universität Tübingen und ihre Kollegen in Vietnam Fossilfunde mit überraschend engem Bezug zum urzeitlichen Europa entdeckt.

Fossiles Nashorn und Kohleschwein

Seit 2008 bereits erforschen die Paläontologen das urzeitliche Ökosystem und die Fossilien von Na Duong, einem Braunkohletagebau Vietnams. Ursprünglich hatte man hier Fossilien aus der jüngeren Erdneuzeit bis vor 23 Millionen Jahren vermutet. Doch bei den Grabungen stellte sich heraus, dass die Kohleflöze eine viel ältere bedeutsame Fossil-Lagerstätte bargen. In ihnen entdeckten die Forscher Reste eines 37 Millionen Jahre alten Sumpfwalds, in dem einst bis zu 35 Meter hohe Bäume wuchsen – und auch viele urzeitliche Säugetiere lebten.

Die Paläontologen entdeckten unter anderem zwei bisher völlig unbekannte Säugetierarten aus jener Zeit, ein Nashorn und ein sogenanntes „Kohleschwein“. Das Nashorn, Epiaceratherium naduongense, war wahrscheinlich ein Waldbewohner, wie die Anatomie seiner Knochenüberreste vermuten lassen. Das Kohleschwein, Bakalovia orientalis, beschreiben die Forscher als schweineähnlichen Paarhufer, der mit Flusspferden nah verwandt ist. Es hielt sich gern im Wasser der Uferbereiche auf, es lebte semiaquatisch.

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Von Insel zu Insel nach Europa

Das Spannende an diesen Funden: Beide Urzeit-Säuger besitzen enge Verwandten in Europa: Rund 33 Millionen Jahre alte Nashörner, die dem aus Na Duong ähneln, wurden bereits in Italien und Süddeutschland gefunden. Ein Verwandter des Kohlschweins wurde im heutigen Bulgarien entdeckt. Beide Funde zusammen deuten darauf hin, dass es im späten Eozän einen Austausch der Fauna zwischen Asien und Europa gegeben hat. Offenbar wanderten Nashörner, Kohleschweine und vermutlich auch andere Säugetiere zu dieser Zeit über die mehrere tausend Kilometer lange Inselkette nach Europa ein.

Die Fossilien geben zudem Auskunft über die damalige Lebenswelt von Nashorn und Co: Die Fossilien wiesen Spuren von Krokodilangriffen auf. Und auch unter den weiteren Funden der Paläontologen sind drei urzeitliche Krokodilarten von bis zu sechs Metern Länge. Auch mehrere Schildkrötenspezies warten derzeit auf eine genauere Untersuchung. (Zitteliana A, 2014; pdf)

(Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, 13.03.2014 – KEL)

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