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Medizintechnik

Hightech-Brille macht Krebs sichtbar

Farbstoff und Spezialbrille zeigen dem Operateur schon beim Eingriff, wo entartete Zellen sitzen

Die Krebsbrille im Einsatz © Robert Boston / Image courtesy of Washington University School of Medicine

Ein Chirurg setzt zu Beginn einer Krebs-Operation eine Spezial-Brille auf. Nun leuchten die Krebszellen in dem Gewebe blau vor seinen Augen. Er kann sie gut erkennen und gezielt entfernen. Science Fiction oder Zukunftsmusik? US-Forscher haben den Prototypen einer Brille entwickelt, durch die der Arzt bereits während des Eingriffs Krebszellen deutlich erkennen kann.

In Deutschland ist Krebs die zweithäufigste Todesursache. Dennoch verläuft nicht jede Krebserkrankung tödlich. Die Resektion, also die operative Entfernung des Tumors, ist oft die Behandlung mit den größten Erfolgsaussichten. Dennoch steht und fällt der Erfolg mit der Frage: Wurden sämtliche Krebszellen entnommen? Denn Krebszellen können sich auch in dem Umfeld des Tumors befinden. Diese Zellen sind für den Arzt jedoch nahezu nicht von gesunden zu unterscheiden. So entnimmt er mehr oder weniger nach eigenem Ermessen auch gesundes Gewebe aus dem Umfeld.

Anschließend untersucht ein pathologisches Labor dieses Randgewebe unter einem Mikroskop. Werden Krebszellen dort gefunden, dann heißt es: Eine erneute Operation steht an. Abermals wird Gewebe entnommen und auf Krebszellen untersucht. Und wieder wird auch gesundes Gewebe zur Sicherheit mit entfernt. Dies macht die Krebstherapie für den ohnehin schon geschwächten Patienten noch beschwerlicher. Im Anschluss stehen ihm dann noch eine Strahlen- und eventuell eine Chemotherapie bevor.

Krebszellen sichtbar machen

Abhilfe wäre hier gegeben, wenn die Chirurgen die Krebszellen schon während der Operation eindeutig erkennen könnten. Doch wie können die Krebszellen für den Chirurg sichtbar gemacht werden? Hierfür braucht es Dreierlei: Einen molekularen Marker, der an die Krebszellen bindet, das richtige Licht, um diesen Marker anzuregen und eine daran angepasste Video-Technologie. Forscher der Washington University in St. Louis haben diese nun entwickelt: Eine Hightech-Brille, die den Ärzten Krebszellen direkt am Operationsort anzeigt.

Durch die Brille betrachtet leuchten die Krebszellen © University of Washington

Indocyanine green, ein gebräuchliches Kontrastmittel, ist der Farbstoff, der die Krebszellen leuchten lässt. Die Forscher injizierten diesen Farbstoff in einer Pilotstudie in Tumorgewebe von Mäusen. Dieses Gewebe wurde dann von Licht, mit der passenden Wellenlänge zur Anregung des Farbstoffs angestrahlt. Beim Betrachten des Gewebes durch die neu entwickelte Brille leuchteten dann die Krebszellen auf und ließen sich deutlich von gesunden Zellen unterscheiden.

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Samuel Achilefu, der Leiter des Projekts, plant für die Zukunft die Entwicklung weiterer Farbstoffe. Diese speziell an die Brille angepassten Marker sollen die Krebszellen noch spezifischer binden und länger in dem Tumorgewebe verweilen. „Unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass keine Krebszelle übersehen wird“, so Achilefu.

Erster Test im OP

Sieht so die Zukunft aus? Chirurgen setzen im OP eine Hightech-Brille auf und können dann die hell leuchtenden Krebszellen eindeutig von gesunden unterscheiden? Die Chirurgin Julie Margenthaler von Universität in Washington hat bereits eine erste Operation an einem Patienten durchgeführt, bei der sie die neu entwickelte Krebsbrille trug. Weitere Einsätze der Hightech-Brille sind bereits in Planung: Ryan Fields, auch Chirurg an der Universität in Washington, wird im Laufe dieses Monats eine Krebsoperation mit Blick durch die Brille durchführen. Bleibt abzuwarten, ob der Erfolg den hohen Erwartungen entspricht.

Die Forscher sind zuversichtlich, auch wenn die neue Technologie derzeit noch in den Kinderschuhen steckt. „Wir befinden uns noch in einer frühen Phase dieser Technologie“, erklärt Margenthaler, „und weitere Entwicklungen und Versuche werden notwendig sein. Doch stellen Sie sich vor, was es bedeuten würde, wenn die Brille Folgeoperationen mitsamt der verbundenen Unannehmlichkeiten, Ängste und Schmerzen eliminieren würde.“

(Washington University in St. Louis, 11.02.2014 – KEL)

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