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Geowissen

Wintersport: Keine Erfindung der Neuzeit

Skilaufen, Schlittschuhe, Eissegeln und Co gibt es schon seit Jahrhunderten

Schon im Mittelalter nutzten russische Soldaten Skier © historisch

Wintersport gibt es schon seit tausenden von Jahren: Wikinger liefen bereits Ski, im Mittelalter galten Schneeballschlachten als Winter-Kampfsport, und in der frühen Neuzeit kamen Eissportarten hinzu. Wenn daher ab dem 7. Februar 2014 die Sportler in Sotschi zu ihren Wettbewerben antreten, hat ihr Sport meist schon eine lange Geschichte hinter sich.

Die Anfänge des Skisports reichen weit zurück: „In Norwegen und Schweden wurden Belege gefunden, dass bearbeitetes Holz bereits vor etwa 4.000 Jahren als Ski genutzt wurde, sogar doppelt so alte Funde stammen aus dem Nordwesten Russlands“, erklärt der Kulturhistoriker Wolfgang Behringer von der Universität des Saarlandes. „Die nordgermanischen Götter Ullr und Skadi wurden auf Runensteinen und in nordischen Sagas auf Skiern dargestellt.“

Als Wikingerfürst Ragnar Lodbrok im 9. Jahrhundert Norwegen überfiel, unterlag er dabei Bauern auf Skiern, die zwar in der Unterzahl, aber weit beweglicher waren als die bewaffneten Dänen. Im Mittelalter waren Skier bereits weit verbreitet, weil sie leicht herzustellen waren. „Ihre Form variierte nach Einsatzort, es gab lange, kurze, schwere und leichte. Wie ein Tretroller etwa wurde ein unterschiedlich langes Paar Ski benutzt, das kürzere mit Fell an der Unterseite diente zum abstoßen“, erläutert der Kulturhistoriker. Und der 90 Kilometer lange Wasa-Lauf erinnert in Schweden seit 1922 daran, dass der spätere König Gustav Eriksson Wasa im Jahr 1520 auf Skiern vor dänischen Verfolgern floh.

Sogar die Römer liefen bereits Ski - hier ein Mosaik aus der Zeit 400 n.Chr. © gemeinfrei

Kleine Eiszeit – Boom für den Wintersport

In Mitteleuropa war das Mittelalter insgesamt eher mild, für WINtersport wenig geeignet. Doch das änderte sich ab dem 14. Jahrhundert. Denn dann folgte eine mehr als 600 Jahre dauernde Kaltperiode: die sogenannte Kleine Eiszeit. „Es gab dramatische Kälteeinbrüche, im Winter froren Flüsse und Kanäle zu Eisstraßen“, sagt Behringer, der auch Spezialist für die Kulturgeschichte des Klimas ist.

Kein Wunder also, dass Wintersportarten während dieser Zeit in Mitteleuropa sehr verbreitet waren. Das Eislaufen mit Schlittschuhen war sehr beliebt, in Holland kam im 17. Jahrhundert der Eiskunstlauf mit Luftsprüngen in Mode. Auch das Eisschießen mit verschiedenen Sportgeräten war verbreitet. „Schottische Adlige etwa gründeten 1510 einen CurlingClub, eine Form des Eisschießens, bei dem flache Steine übers Eis geschossen wurden“, erläutert Behringer.

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Während der Kleinen Eiszeit war Eislaufen auf den zugefrorenen Flüssen ein beliebter WInterspass © historisch

Eissegler und Schlittenrennen

Sogar für das Eissegeln wurden bereits entsprechend schnelle Gefährte entwickelt, ebenso alle Arten von Schlitten, die teils von Hunden oder Pferden gezogen wurden. Die Höfe verfügten über ganze Prunkschlitten-Parks. Der Hofadel vergnügte sich beim Ringelstechen: Vom Schlitten aus wurde versucht, mit einer Lanze einen aufgehängten Ring zu treffen. Auch Rennen wurden veranstaltet. „Kurfürst Maximilian von Bayern etwa nannte im 16. Jahrhundert 19 schwarze Rennschlitten sein Eigen“, sagt der Historiker.

Das schon damals Calcio(Fußball)-verrückte Italien verlegte das Spiel, das zu jener Zeit ohnehin ohne Spielfeld und feste Spielerzahl auskam, kurzerhand aufs Eis – so geschehen 1491, als in Florenz der Arno zufror. „Ebene, nicht zugebaute Flächen ohne Wälder waren selten“, erklärt Behringer.

Seit 1924: Olympische Winterspiele

Olympische Winterspiele sind dagegen vergleichsweise jung: Sie stehen erst seit 1924 auf dem Programm. „Die ersten Austragungsorte, Chamonix 1924 und St. Moritz 1928, zeigen schon, dass hierbei besondere Interessen der Schweiz eine Rolle spielten. Einzelne Wintersportarten waren aber schon seit 1900 im Rahmen der Sommerspiele ausgetragen worden, die damals noch nicht auf zwei Wochen beschränkt waren“, erklärt Behringer. Auch der Blick auf den Medaillenspiegel aller bisherigen Winterspiele offenbart eine Überraschung: „Obwohl gefühlt immer Österreicher und Schweizer die alpinen Wettbewerbe gewinnen, rangiert Deutschland (inklusive DDR) hier an erster Stelle vor Russland, Norwegen und den USA“, sagt Behringer.

Eine besondere Rolle spielte dabei das Biathlon, das als Kombination von Skilanglauf und Scheibenschießen eigentlich eine Militärübung aus dem Ersten Weltkrieg widerspiegelt. „Als Militärpatrouillenlauf war diese Sportart 1915 in Norwegen eingeführt worden, um die Soldaten auf den Winterkrieg vorzubereiten und es verwundert kaum, dass er bei der vom Nationalsozialismus geprägten Winter-Olympiade 1936 in Garmisch-Partenkirchen wieder auf dem Programm stand“, so Behringer.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieser Sport für Zivilisten geöffnet und 1954 auf Vorschlag des schwedischen Generals Sven Thofelt in Biathlon umbenannt. Bei den Winterspielen in Oslo 1952, wo der Zweite Weltkrieg noch zu nahe war, hatte man auf diesen Wettbewerb verzichtet.

Mehr zu den olympischen Winterspielen 2014 in unserem Sotschi-Special

(Universität des Saarlandes, 07.02.2014 – NPO)

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