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Astronomie

Astronomen entdecken einen „Wackel“-Planeten

Exoplanet umkreist seine Zentralsterne wackelnd und auf taumelndem Orbit

Kepler 413-b wackelt auf außergewöhnlichem Orbit um seine Zentralsterne © NASA, ESA, and A. Feild (STScI)

Stellen Sie sich vor, Sie würden auf einem Planeten leben, dessen Jahreszeiten extrem unregelmäßig und unberechenbar wechseln. Ob Shorts und T-Shirt oder aber der Wintermantel nötig werden, ließe sich kaum vorhersagen. Genau so einen Planeten gibt es tatsächlich: Kepler 413-b. Ihn hat das Weltraumteleskop Kepler der NASA auf seinem Erkundungskurs aufgespürt. Der ungewöhnliche Exoplanet umkreist seine beiden Zentralsternen wackelnd und auf taumelnder Umlaufbahn – ein echtes Kuriosum.

Auf der Erde geht alles seinen geordneten Lauf: Weil ihre Rotationsachse um rund 23 Grad gegenüber ihrer Bahn um die Sonne geneigt ist, steht sie gegenüber der Sonne immer leicht schräg. Sie wendet ihr im Jahresverlauf einmal die Nordhalbkugel etwas stärker und einmal die Südhalbkugel. Dieser Neigung der Erdachse verdanken wir unsere Jahreszeiten. Allerdings: Die Neigung der Erdachse bleibt nicht immer gleich. Auf sehr lange Zeit gesehen beschreibt die Rotationsachse der Erde einen leichten Kreis. Diese sogenannte Präzession dauert aber etwa 25.700 Jahre, sie ist daher für uns kaum messbar oder spürbar.

Verräterisches Dimmen

Aber es geht offenbar auch sehr viel schneller: Astronomen haben nun einen Exoplaneten ausfindig gemacht, dessen Achse in überraschend kurzen Zeitabständen seine Neigung wechselt. Kepler 413-b liegt 2.300 Lichtjahre von der Erde entfernt und umkreist ein Paar eng zusammenstehender Zwergsterne. Mit dem Weltraumteleskop Kepler haben die Forscher dieses Paar genauer beobachtet und dabei die verräterischen Anzeichen für einen Planeten entdeckt.

Zieht ein Planet genau zwischen einem Stern und dem Teleskop vorüber, dann schirmt er bei diesem Transit einen Teil des Sternenlichts ab. In den Teleskopdaten erscheint das Licht des Sterns dadurch zeitweilig gedimmt. Geschieht dieses Abdimmen in regelmäßigen Abständen, spricht dies dafür, dass es sich um einen Planeten handelt, einen Himmelskörper, der diesen Stern in einer festen Bahn umkreist.

Planet auf Taumelkurs

Nicht so jedoch Kepler 413-b: Die Astronomen fanden in diesem Fall ein ganz ungewöhnliches, nicht-periodisches Muster in den Transits. „Beim Sichten der Kepler-Daten von 1.500 Beobachtungstagen, sahen wir drei Transits in den ersten 180 Tagen – einer alle 66 Tage. Dann gab es 800 Tage lang keinen einzigen mehr. Daraufhin beobachteten wir fünf weitere Transits hintereinander“, berichtet Studienleiter Veselin Kostov vom Space Telescope Science Institute und der Johns Hopkins University in Baltimore. Der nächste Transit wird nicht vor 2020 erwartet.

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Die Forscher schließen daraus, dass die Umlaufbahn von Kepler 413-b schräg zur Bahnebene der beiden sich umkreisenden Zwergsterne steht. Der Planet befindet sich daher auf einer Art Taumelkurs um seine Zentralsterne. Warum das so ist, ist für die Astronomen bislang noch ein Rätsel. Theoretisch wäre es möglich, dass ein weiterer, bisher nicht entdeckter Planet in diesem System die Bahn von Kepler-413-b stört und ihn zu seinem Taumelkurs bringt. Aber auch ein dritter, diesem System optisch nahestehender Stern könnte durch seine Schwerkraft einen solchen Störeffekt bewirken. Welche Erklärung zutrifft, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

Der Wackelkurs von Kepler 413-b in der Aufsicht © NASA, ESA, and A. Feild (STScI)

Wackelnde Achse

Und noch in anderer Hinsicht ist Kepler 413-b ziemlich schräg: Die Rotationsachse von Kepler 413-b hat sich als extrem variabel herausgestellt. Sie kann sich innerhalb von elf Jahren um bis zu 30° verändern, wie die Forscher aus ihren Beobachtungsdaten schließen. Sie sind überrascht, einen Planeten zu finden, bei dem die Präzession in so kurzer Zeit wechselt. Kepler 413-b wackelt also regelrecht auf seiner Rotationsachse. Dies ist es, was zu den rapiden und auch unregelmäßigen Schwankungen der Jahreszeiten führt. War gerade noch Sommer, ist bereits schon tiefster Winter?

So ist es in diesem Fall nicht. Kepler 413-b ist seinen Zentralsternen so nah, dass die Temperaturen extrem hoch sind. Sie erlauben noch nicht einmal die Existenz von flüssigem Wasser und machen Kepler 413-b so zu einem unbewohnbaren Planeten.

Es mag andere wie ihn geben

Es stellt sich nun die Frage: Gibt es noch mehr „Wackel-Planeten“ dieser Art? Leider macht genau das Taumeln derartiger Planeten auf ihrer Bahn die Beantwortung dieser Frage so schwer. Denn ein derartiger Planet passiert seinen Stern mal direkt in unserer Sichtlinie, mal aber zieht er oberhalb oder unterhalb vorbei – und erzeugt dann kein verräterisches Abdimmen.

„Es mag andere Planeten wie ihn geben, die wir nicht sehen können, da wir uns in einem ungünstigen Zeitabschnitt befinden“, sagt Peter McCullough vom Space Telescope Science Institute. „Und das ist eines dieser Probleme, die Veselin in seiner Forschung bearbeitet: Ist dort draußen eine schweigende Mehrheit an Dingen, die wir nicht sehen?“

(NASA, 06.02.2014 – KEL)

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