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Geowissen

Bizarre Zeitzeugen in Stein

Die seltenen Kinneyia-Formationen sind versteinerte Zeugnisse prähistorischer Musterbildung

Bizarre, wellenartige Strukturen in versteinerten Biofilmen © MPI für Dynamik und Selbstorganisation

Manche Gesteinsformationen sind so beeindruckend bizarr strukturiert, sie könnten von Menschenhand geschaffen sein. Diesen Eindruck erweckt die Betrachtung der seltenen Kinneyia-Formationen. Forscher aus Göttingen fanden heraus: Wasser, das über einen Biofilm strömt, mehr braucht es nicht. Die Selbstorganisation schafft dann wie von Geisterhand die regelmäßigen Muster.

Mitten in einem ausgetrockneten Flussbett Namibias ragt ein einzelner Felsbrocken empor, gezeichnet mit einem sonderbaren Muster. Rund 20 Kilometer südwestlich davon zeigt sich ein ähnliches Bild auf einer kleinen Klippe, die einen Fluss überblickt. Der Mineralgehalt der Kinneyia-Formationen verrät uns, dass sie aus versteinerten Biofilmen bestehen. Doch wie sind die markanten Strukturen aus parallelen, wellenartigen feinen Rillen enstanden? Das blieb bislang ein Rätsel. Diese Lücke schließt nun eine Studie von Forschern des Max-Planck-Institutes (MPI) für Dynamik und Selbstorganisation und der Georg-August-Universität Göttingen.

An den weltweiten Fundorten der Kinneyia-Formationen verliefen vor mehr als 2.500 Millionen Jahren Küstenlinien. „Schon seit Jahren vermuten Geologen deshalb, dass Wasser bei der Entstehung der eigenwilligen Steinmuster eine entscheidende Rolle spielte“, erklärt Lucas Goehring vom MPI.

Wasser formte Hügel und Täler in Biofilmen

In mathematischen Analysen betrachteten die Forscher daher, was geschieht, wenn Wasser über eine viskose Schicht, wie etwa einen Biofilm strömt. „Die Grenzfläche zwischen Biofilm und Wasser ist instabil“, beschreibt der Kanadier die Ergebnisse. Schon kleinste Störungen sorgen dafür, dass sich ein Muster aus parallel verlaufenden Hügeln und Tälern bildet. „Erreichen die Täler eine bestimmte Tiefe, verändert sich die Wasserströmung und verstärkt den Effekt“, so Goehring. In den Tälern fließt das Wasser in kleinen Wirbeln zurück. Dadurch lagert sich zusätzliches Material auf den Hügeln ab. Unter günstigen geologischen Bedingungen versteinerten die so entstandenen Strukturen und blieben bis heute erhalten.

Einzig die Dicke des Biofilms legt das Muster fest

Die bizarren Strukturen in Stein sind über einen so genannten Prozess der Selbstorganisation entstanden: Von einer äußeren Quelle mit Energie versorgt, können sich die Bausteine eines Systems wie von Geisterhand zu erstaunlich regelmäßige Mustern anordnen. Dasselbe Verhalten beobachteten die Forscher in ihren Experimenten. „Die Laborversuche bieten den Vorteil, dass wir viele Parameter wie etwa die Flussgeschwindigkeit oder die Dicke des Films gezielt verändern können“, so Goehring. Weder die genaue Viskosität des experimentellen Biofilms, noch die Strömungsgeschwindigkeit des Wassers bei der Entstehung der hausgemachten Kinneyia spielen eine Rolle. „Der einzige entscheidende Parameter scheint die Dicke des Films zu sein“, sagt der Forscher.

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„Diese Strukturen dürften in prähistorischer Zeit ein häufiges Phänomen gewesen sein“, mutmaßt Goehring. Als sich dann vor etwas mehr als einer halben Milliarde Jahren höhere Organismen entwickelten, waren die Biofilme jedoch ein gefundenes Fressen für sie: aus den Zeiten danach gibt es nur noch sehr wenige erhaltene Fossilien dieser Art. (Philosophical Transactions of the Royal Society A, 2014 doi: 10.1098/rsta.2012.0362)

(Max-Planck-Gesellschaft, 05.02.2014 – KEL)

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