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Informatik

Handys als Wegweiser

Bilderkennungs-Software "FotoNav" erleichtert Orientierung in fremden Städten

Bilderkennungs-Software "FotoNav" © Autor: Frank Luerweg/Uni Bonn

„Nichts als teurer Schnickschnack“ – ein solch vernichtendes Urteil haben Fotohandys nicht verdient, sagen Studenten der Universität Bonn und liefern den Beweis gleich mit. Acht angehende Informatiker im Studiengang Vermessungswesen haben eine Software entwickelt, die in Digitalbildern die darin abgebildeten Gebäude identifizieren kann – und zwar weitgehend unabhängig von Blickwinkel und Lichtverhältnissen.

Die neue Technologie könnte beispielsweise die Orientierung in fremden Städten erleichtern: Einfach ein Gebäude aufnehmen, an eine Service-Nummer schicken, und wenige Sekunden später erscheint auf dem Handy-Display der Stadtplan mit der genauen Position. So weit ist das Bonner Projekt zwar noch nicht, aber auf ihrer Internetseite können Interessierte bereits die Software mit eigenen Aufnahmen testen.

Noch enthält die Datenbank nur Fassaden aus der Bonner Nußallee und den angrenzenden Straßen sowie von einigen prägnanten Gebäuden der Rheinstadt. Besucher sollen aber künftig eigene Bilder mit Adresse und Beschreibung einsenden und damit den Fotobestand erweitern können.

Bilderkennungs-Software „FotoNav“

Das Funktionsprinzip der Bilderkennungs-Software „FotoNav“ ist einfach: Sie „destilliert“ aus dem digitalen Datenwust mehrere hundert charakteristische Merkmale – in der Regel kleine Bildbereiche, in denen Farbe oder Helligkeit wechseln. Findet die Software zumindest einen Teil dieser Merkmale in der Bilddatenbank wieder, meldet sie einen Treffer.

„Unterschiede in der Perspektive oder Beleuchtung kann das Programm dabei gut verkraften“, erklärt Professor Wolfgang Förstner, Direktor des Instituts für Photogrammetrie. Will heißen: Selbst wenn der Handybesitzer das Gebäude in einem schrägen Winkel aufnimmt, kann der Rechner es in der Regel doch identifizieren. Bei knapp 50 Prozent liegt die Trefferquote inzwischen – nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass das Projekt in einem viermonatigen Software-Praktikum quasi „nebenher“ entstanden ist. „Das geht sicherlich noch deutlich besser“, meint denn auch Förstners Doktorand Marc Luxen; „wir hatten nur nicht die Zeit, so lange an den verschiedenen Stellschrauben zu drehen, bis alles optimal läuft.“ Das Entwickler-Team hofft nun, die Industrie für ihr Verfahren zu interessieren.

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Hilfe aus Kanada

Der ursprüngliche Erkennungs-Algorithmus stammt allerdings nicht aus Bonn, sondern von dem kanadischen Forscher David G. Lowe. „Die Studenten sollten die Eignung seiner Grundidee für diese spezielle Anwendung untersuchen und die Methode gegebenenfalls optimieren“, so Professor Förstner. Jeder achtete dazu auf einen anderen Aspekt, beispielsweise auf die Geschwindigkeit des Verfahrens, einen möglichst geringen Speicheraufwand oder die Trefferqualität. „Leider ist das wie bei einer Waage“, sagt Praktikums-Teilnehmer Jens Külzer, „man zieht an der einen Seite, und die andere geht in die Höhe. Ähnlich war es auch bei uns: Was die Auswertung beschleunigt, geht in der Regel zu Lasten der Genauigkeit. Aber unser Ziel war auch nicht das Optimum, sondern innerhalb der knapp bemessenen Zeit ein funktionsfähiges Verfahren zu entwickeln.“

Külzer hat unter anderem die wirtschaftliche Perspektive der Fotohandy-Navigation untersucht. „Momentan gibt es keine verlässliche Methode, sich mittels Mobilfunk in Innenstädten zu orientieren“, erklärt er. „Selbst die Positionsbestimmung per GPS funktioniert nur, wenn das Handy einen mehr oder weniger freien Blick auf die GPS-Satelliten hat.

Verfahren soll Hintergrundinformationen zu interessanten Gebäuden liefern

Bei engen Straßen und hohen Gebäuden stößt dieses Verfahren daher aufgrund von Abschattungen und Spiegelungen des Satellitensignals an Fassaden schnell an seine Grenzen.“ GPS-Empfänger im Auto beziehen deshalb die Fahrgeschwindigkeit in ihre Berechnung mit ein. Bei Fußgängern klappt das nicht – derzeitige Handys können schlecht feststellen, wie zügig sich sein Besitzer gerade bewegt. „Und auch die Positionsbestimmung mit Hilfe der aktiven Mobilfunkzelle ist ziemlich ungenau – in Städten beträgt die Auflösung etwa 50 bis 100 Meter.“ In der Praxis könnte man aber beispielsweise diese Vorinformation dazu verwenden, die Suche in der Datenbank auf Gebäude in der entsprechenden Mobilfunkzelle zu beschränken.

Das Verfahren könne aber noch mehr, als nur die Position des Handybesitzers zu bestimmen. Külzer: „Es wäre auch denkbar, zu bestimmten touristisch interessanten Gebäuden Hintergrundinformationen anzugeben, die dann als Text auf dem Display erscheinen – und zwar gleich in der passenden Sprache. Das Handy könnte dann sogar als Fremdenführer dienen.“

(idw – Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 12.10.2004 – DLO)

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