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Medizintechnik

Kleben statt Nähen

Bio-inspirierter Klebstoff soll Operationen an Kinderherzen erleichtern

Defektes Blutgefäß wird mit Klebstoff verschlossen © Randal McKenzie / McKenzie Illustrations

Klebestreifen bei Operationen am offenen Herzen: Statt mit aufwändigen Nähten wollen Herzchirurgen Verletzungen künftig mit Klebstoff verschließen. Ein internationales Forscherteam hat einen neuen chirurgischen Klebstoff entwickelt, der das ermöglichen soll. Mit seiner Hilfe können innerhalb von Sekunden selbst im schlagenden Herz biologisch abbaubare Flicken angebracht werden. Das zeigen die im Fachmagazin „Science Translational Medicine“ veröffentlichten Ergebnisse einer ersten präklinischen Studie.

Alternativen ohne Klebkraft

„Bisher waren oft zeitaufwendige Nähte nötig, um Löcher im Herzen zu schließen,“ erklärt Nora Lang, Hauptautorin der Studie und Assistenzärztin im Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen. Als Alternative zum Nähen wünschen sich Mediziner daher, Schnitte bei Operationen einfach verkleben zu können. Das ist bislang allerdings noch problematisch: „Die vorhandenen Klebstoffe waren entweder toxisch, hatten nicht genügend Klebekraft oder verloren unter feuchten, hochdynamischen Bedingungen ihre Klebekraft,“ so Lang.

In enger Kooperation mit US-amerikanischen Medizinern haben die Freiburger Mediziner nun einen wasserabweisenden Klebstoff entwickelt, der innerhalb von Sekunden durch UV-Licht aktiviert werden kann (hydrophobic light-activated adhesive, HLAA). Inspiration für diesen Kleber holten sich die Forscher in der Natur: Manche Insekten produzieren zähflüssige und wasserabweisende Sekrete, die auch an feuchten Oberflächen haften. So ist auch der HLAA wasserabweisend und wird bei Kontakt mit Blut nicht ausgewaschen.

Klebstoff wird auf dem Flicken aufgebracht, bevor dieser am Herzen angebracht wird © Randal McKenzie / McKenzie Illustrations

Biologisch abbaubar und bestens verträglich

Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend: „Die kleberbeschichteten Patches konnten im Tiermodell bereits Defekte in der linken Herzkammer ohne zusätzliche Nähte verschließen und hielten dem hohen Druck stand, mit dem Blut durch Herz und Blutgefäße gepumpt wird,“ sagt Maria Nunes Pereiravom Brigham and Women’s Hospital in Boston.

Und der Klebstoff hat weitere Vorteile: „Mit dem Kleber verbundene Gewebe oder Flicken halten ebenso gut wie herkömmliche Nähte, können aber wesentlich schneller und sogar an schwer zugänglichen Stellen angebracht werden“, erklärt Lang Zudem seien der HLAA und die verwendeten Flicken biologisch abbaubar, elastisch und bestens verträglich, so dass keine fremden oder giftigen Stoffe im Körper verbleiben. Die Mediziner hoffen, dass mit Hilfe des neuartigen Klebers insbesondere angeborene Herzfehler von Kindern schneller und verträglicher operiert werden können.

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Momentan befindet sich der Klebstoff noch in der Testphase. Ein französisches Start-Up-Unternehmen hat aber bereits die Lizenz erworben und möchte den Klebstoff in den nächsten zwei bis drei Jahren auf den Markt bringen. Bis dahin sind allerdings noch weitere präklinische Studien erforderlich. Nora Lang und ihre Arbeitsgruppe haben damit bereits begonnen. (Science Translational Medicine, 2014; doi: 10.1126/scitranslmed.3006557)

(Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen, 16.01.2014 – AKR)

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