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Biotechnologie

Bakterien produzieren koffeinfreien Kaffee

Genmanipulation bringt Mikroorganismen zur Produktion eines Koffein abbauenden Enzyms

Bakterien sind die Arbeitstiere der Biotechnologie. Sie werden für unzählige Aufgaben eingespannt. Jetzt haben amerikanische Chemiker eine Bakterienart entdeckt, mit deren Hilfe zukünftig koffeinfreie Kaffeepflanzen produziert werden könnten.

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Bakterien erzeugen normalerweise nur Moleküle, die sie für ihr eigenes Überleben brauchen. Doch das Wissenschaftlerteam um Justin Gallivan von der Emory Universität hat nach Wegen gesucht, die Mikroorganismen gezielt zur Produktion von für sie eigentlich nicht notwendigen Stoffen zu „überreden“. Ihr Trick dabei: Sie züchten Bakterien, die von der von ihnen gewünschten Substanz abhängig sind.

In ihrem ersten Experiment knüpften die Forscher das Überleben der Bakterien an die Präsenz von Theophyllin, einen Wirkstoff, der gegen Asthma eingesetzt wird und beim chemischen Abbau von Koffein in Kaffee- oder Teepflanzen entsteht. „Wir wissen, dass es ein Enzym gibt, dass Koffein in Theophyllin umwandelt, aber wir wissen nicht sehr viel darüber“, erklärt Gallivan. „Wir wissen nur, dass es sehr langsam arbeitet. Idealerweise möchten wir diese Reaktion beschleunigen, damit wir Kaffeepflanzen erzeugen können, die wenig Koffein enthalten.“ Normaler Kaffee enthält nur deshalb so viel Koffein, weil das Koffein zwar sehr schnell produziert, aber nur sehr langsam wieder abgebaut wird. „Und genau hier kommen die Bakterien ins Spiel.“

Die Idee der Forscher war es, die Bakterien mit dem DNA-Stück aus dem Kaffee-Genom auszustatten, das das Koffein abbauende Enzym kodiert. „Wir wollen einen Prozess der ‘gerichteten Evolution’ nutzen, um den Abbauprozess durch das Enzym zu beschleunigen. Da die Bakterien das Theophyllin für ihr Überleben brauchen, sind sie unsere Verbündeten in diesem Prozess.“ Haben die Bakterien im Laufe ihrer Vermehrung das Enzym beschleunigt, könnte dieser veränderte Wirkstoff wieder zurück in Kaffeepflanzen transplantiert werden, um dort einen Kaffe mit niedrigerem Koffeingehalt zu produzieren.

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Um die “Theophyllin-süchtigen” Bakterien zu erzeugen, nutzten Gallivan und sein Team ein Stück des genetischen Materials RNA, ein Aptamer, das bevorzugt an Theophyllin bindet. Anschließend musste dieses RNA-Stück an eine lebenswichtige Funktion des Bakteriums geknüpft werden – die Produktion eines Proteins. Um dies zu erreichen, schufen die Forscher eine neue RNA-Sequenz, einen so genannten „Riboswitch“.

In Bakterien erkennen solche Riboswitches normalerweise essentielle Moleküle und schalten die Produktion von Proteinen an oder aus. Der Gallivan eingeschleuste synthetische Riboswitch erkennt Theophyllin und schaltet daraufhin die Produktion des Proteins „cat“ an. Dieses erlaubt den Bakterien das Überleben in der Gegenwart des Antibiotikums Chloramphenicol – zumindest so lange, wie sie Theophyllin erzeugen und damit ihren „cat“-Proteinspiegel hoch genug halten.

Gallivan erklärt jedoch, dass es noch einige Zeit dauern könnte, bis diese Bakterienfunktion erfolgreich in Kaffeepflanzen eingebaut ist und wir natürlich produzierten entkoffeinierten Kaffee trinken können. „Wir sind erst in den Frühstadien dieser Arbeit. Es gibt noch viele Hürden zu überwinden“, erklärt der Forscher.

(Emory University Health Sciences Center, 11.10.2004 – NPO)

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