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Neurobiologie

Im Essen pantschen hilft beim Lernen

Matschende Kleinkinder lernen die richtigen Vokabeln schneller

Pantschendes Kleinkind im Hochstuhl © Tim Schoon/ University of Iowa

Wenn ihr Kleinkind mal wieder eine Sauerei mit seinem Brei veranstaltet, dann ist das nicht nur Spiel, es lernt fürs Leben: Das Gematsche hilft den Kindern, flüssige, breiige Substanzen zu unterscheiden und die richten Bezeichnungen dafür zu lernen. Das zeigt ein Experiment von US-Forschern. Dabei lernten die Kinder am schnellsten die Vokabeln für matschige Lebensmittel, die am meisten damit herumspielen durften.

Zu den ersten Substantiven, die Kinder lernen, zählen fast ausschließlich Bezeichnungen für feste Gegenstände. Bett, Stuhl, Hund oder Opa haben immer die gleiche Gestalt und sind deshalb leicht wieder zu erkennen. Die Kleinen widmen dem Faktor Form deshalb besondere Aufmerksamkeit. Ganz anders ist die Lage bei flüssigen, matschigen oder gelförmigen Substanzen. Hier zählt vor allem die Konsistenz – und die lässt sich am einfachsten bestimmen, indem man anfasst, pantscht, schmiert, wirft oder sich einen Batzen in den Mund schiebt.

Herumpantschen für die Wissenschaft

Ein Forscherteam um Lynn Perry von der University of Wisconsin-Madison hat nun untersucht, wie sehr die Umgebung und der Umgang mit amorphen Substanzen die Fähigkeit kleiner Kinder beeinflussen, Bezeichnungen für sie zu erlernen. An ihrer Untersuchung nahmen 72 Mädchen und Jungen im Alter von 16 Monaten teil. Ihnen setzten die Wissenschaftler 14 Lebensmittel wie Wackelpudding, Apfelsoße oder Haferschleim in verschiedenen Anordnungen vor.

Einige der Kinder saßen während des Experiments an einem Tisch, andere – wie bei Mahlzeiten daheim – in einem Hochstuhl. Alle wurden ermutigt, zu matschen und zu probieren und währenddessen wurden die jeweiligen Substanzen mit einen Fantasienamen bezeichnet, wie „Kiv“ oder „Dax“. Nach der Matschorgie zeigten die Forscher den Kindern erneut die Substanzen, aber in anderer Form oder anderen Gefäßen und fragten sie nach deren Namen.

Hochstuhl animiert zum Pantschen

Wie die Forscher berichten, hatten sich jene Kinder am besten die Namen gemerkt, die im Hochstuhl saßen und besonders ausgiebig mit dem Essen spielten. Sie hatten sich stärker auf die Konsistenz der Lebensmittel konzentriert und weniger auf die Form, dadurch erkannten sie sie besser wieder. „Es ist das Material, dass viele dieser nicht-festen Stoffe ausmacht“, so die Forscher.

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Perry und ihre Kollegen gehen davon aus, dass die Kleinen im Hochstuhl schneller lernen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass sie hier ungestraft matschen dürfen. „Im Hochstuhl zu sitzen macht es wahrscheinlicher, dass die Kinder mit dem Essen spielen, weil sie wissen dass dies dort eher erlaubt ist“, sagt Seniorautorin Larissa Samuelson von der University of Iowa.

Die Forscher folgern, dass es die Kombination aus Umgebung und Umgang ist, die Kindern hilft, sich auf die wichtigen Eigenschaften zu konzentrieren und die richtigen Bezeichnungen zu erlernen. „Es mag für Sie so aussehen, als wenn ihr Kind im Hochstuhl nur spielt und einfach Dinge auf den Boden wirft. Das tun sie auch, aber sie gewinnen daraus wertvolle Informationen“, erklärt Samuelson. Einfach gesagt: Liebe Eltern, seid tapfer. Eure Kinder veranstalten nicht bloß eine Sauerei. Sie lernen auch fürs Leben. (Developmental Science, 2013; doi: 10.1111/desc.12147)

(University of Iowa, 02.12.2013 – NSC/NPO)

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