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Geowissen

Lavastrom aus Obsidian hört nicht auf zu fließen

Selbst ein Jahr nach der Eruption bewegt sich die Lava noch vorwärts

Obsidian-Lavastrom in Chile ein Jahr nach der Eruption: Er bewegt sich noch immer © Lancaster University

Überraschung im Lavastrom: Obwohl die glänzende Obsidian-Lava längst erstarrt und glasartig fest ist, kann sie noch erstaunlich lange weiterfließen. Selbst ein Jahr nach dem Ausbruch des chilenischen Puyehue-Cordón Caulle bewegt sich seine scheinbar feste Lava noch immer vorwärts. Immerhin bis zu drei Meter am Tag, wie US-Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.

Obsidian war für die Hochkulturen Mittelamerikas ein wertvoller Rohstoff für Werkzeuge, Kunstobjekte und Waffen. Das schwarze, glänzende Gesteinsglas entsteht aus einem bestimmten Lavatyp, der am Ende besonders großer, explosiver Vulkanausbrüche ausgeworfen wird. Die Ausbrüche des Yellowstone-Supervulkans, aber auch die größte Eruption des 20. Jahrhunderts am Katmai in Alaska förderten Obsidian-Lava zutage.

Dieser Lavatyp ist sehr zähflüssig und bewegt sich daher eher langsam. Er fließt ähnlich schleichend vorwärts wie das Eis eines Gletschers, erklärt Hugh Tuffen von der Lancaster University. Wenn die silikatreiche Schmelze dann erstarrt, bilden sich keine Kristallstrukturen aus, sondern ein Glas – ein amorpher, nicht kristalliner Feststoff.

Hugh Tuffen erklärt das Phänomen der Obsidian-Lava© Lancaster University

Überraschung an chilenischem Feuerberg

Doch selbst dann kann sich diese Obsidian-Lava noch bewegen, wie die Forscher nun herausfanden, als sie die Lava am Puyehue-Cordón Caulle Vulkan in Chile näher untersuchten. Dieser Feuerberg ist zuletzt 2011, 1960 und 1921 ausgebrochen und förderte dabei jeweils Obsidian-Lava zutage. Der jüngste Ausbruch hielt nahezu ein Jahr an und stoppte erst im April 2012. Seither untersuchen die Wissenschaftler regelmäßig den Zustand der Lava – und erlebten dabei eine Überraschung.

„Wir haben festgestellt, dass die Lava auch nach fast einem Jahr noch immer im Fluss ist – sie bewegt sich zwischen einem und drei Meter pro Tag voran“, berichtet Tuffen. Obwohl die Oberfläche des Lavastroms längst erstarrt ist und glasartig glänzt, ist die Masse im Inneren der 40 Meter hohen Schicht noch zähflüssig und heiß. „Versteckt unter der Kruste ist bis zu 900 Grad heiße Lava, die aus den Ecken des Lavastroms herausbrechen kann und ihn so langsam vorwärtsschiebt“, erklärt Tuffen.

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Das harte, glänzende Obsidian war für frühe Kulturen ein begehrter Rohstoff © Lancaster University

Schleichende Gefahr für Mensch und Material

Bisher hielt man dies bei diesem Lavatyp für unmöglich. Nur frische oder basaltische Lava sollte nach gängiger Vorstellung noch länger fließfähig bleiben und so lange die Hitze im Inneren halten. Obsidian galt dagegen eher als schnell abkühlender Lavatyp. „Wir aber haben nun festgestellt, dass Obsidian-Lava genauso lange weiterfließen kann wie seine flüssigeren Vettern“, so der Forscher.

Diese Erkenntnis ist wichtig auch für die Einschätzung der Gefahren, die von einem Obsidian-Lavastrom ausgehen. Im Falle des Puyehue-Cordón Caulle ist der Strom immerhin 40 Meter hoch – wenn er sich Zentimeter für Zentimeter auf ein Haus zu wälzt, hat es gegen ihn keine Chance. Und wie die Forscher feststellten, kann der Strom auch durchaus schneller werden, wenn er beispielsweise einen steileren Hangabschnitt erreicht. (Nature Communications, 2013; doi: 10.1038/ncomms3709)

(Lancaster University, 11.11.2013 – NPO)

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