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Evolution

Tod ereilte Urzeit-Insekten beim Sex

Forscher entdecken 165 Millionen Jahre altes Fossil eines kopulierendes Zikadenpaares

Rekonstruktion der beiden sich paarenden Ur-Zikaden (Anthoscytina perpetua) © Li et al., /PLoS ONE 8(11): e78188.

Tod beim Sex: Vor 165 Millionen Jahren starb ein Zikadenpaar bei der Kopulation – und blieb als Fossil bis heute erhalten. Die Überreste dieses urzeitlichen Paarungsaktes haben Paläontologen jetzt in China entdeckt. Es ist der älteste bekannte Beleg für kopulierende Insekten überhaupt. Das Fossil zeigt zudem, dass die Insekten schon im Mittlerren Jura verschiedene Paarungssstellungen entwickelt hatten, so die Forscher im Fachmagazin „PloS ONE“.

Die Paarungsgewohnheiten der Insekten sind heute ebenso vielseitig wie wohlbekannt. Libellen beispielsweise bilden ein spektakuläres Paarungsrad, bei dem das Männchen den Vorderkörper des Weibchens mit speziellen Hinterleibszangen festhält. Das Weibchen biegt ihrerseits ihren Hinterkörper nach vorne, so dass beide eine Art Rad bilden, dass sogar im Flug noch beibehalten werden kann. Andere Insekten kopulieren Bauch an Bauch oder Seite an Seite, wie beispielsweise viele Zikadenarten.

Seltener Fund

Biologen vermuten, dass sich diese Vielfalt der Paarungsstellungen erst im Laufe der Evolution der Insekten entwickelt hat. Ursprünglich, so die gängige Hypothese, paarten sich die Urinsekten Bauch an Rücken – das Weibchen oben und das Männchen unten. Wann allerdings die ersten Varianten bei der Kopulation der Insekten auftauchten, ist unklar. Denn Fossilien von kopulierenden Gliederfüßern sind extrem selten. Gerade einmal 33 davon sind bisher bekannt, 27 davon wurden beim Geschlechtsakt in urzeitlichem Baumharz konserviert. Das älteste bisher bekannte in flagranti erhaltene Paar stammt aus der frühen Kreidezeit.

165 Millionen Jahre altes Fossil zweier kopulierender Ur-Zikaden © Li et al., / PLoS ONE 8(11): e78188.

Jetzt aber hat ein Fossilfund im Nordosten Chinas neue Einblicke in das Sexleben der Urinsekten geliefert. Denn in der sogenannten Jiulongshan-Formation stießen Paläontologen um Shu Li von der Capital University in Peking auf ein noch älteres Fossil kopulierender Insekten. In dem rund 165 Millionen Jahre alten Gestein deutlich zu erkennen sind die Überreste eines Schaumzikaden-Paares. Beide Tiere wenden einander den Bauch zu und das Kopulationsorgan des Männchens steckt noch im Genitaltrakt des Weibchens. Sie müssen noch während des Paarungsaktes gestorben und dann sehr schnell im konservierenden Schlamm versunken sein.

Bauch an Bauch

„Diese Entdeckung des früheste Belegs kopulierender Insekten wirft neues Licht in die Evolution der Paarungsverhaltens dieser Tiergruppe“, konstatieren die Forscher. Wie die Paläontologen berichten, sind die Genitalorgane beider Partner gut erkennbar und symmetrisch – ähnlich denen der heutigen Schaumzikaden. Diese paaren sich heute meist, indem sich beide Partner eng Seite an Seite hocken und das Männchen sein Kopulationsorgan in den Samenbehälter des Weibchens einführt.

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Heutige Schaumzikaden kopulieren meist seitlich © Li et al., /PLoS ONE 8(11): e78188.

Die jetzt entdeckten Urzeit-Zikaden kopulierten dagegen eher Bauch an Bauch, könnten aber auch leicht seitlich versetzt gesessen haben. Das Grundprinzip der Zikadenpaarung habe sich demnach in den letzten 165 Millionen Jahren kaum verändert, so die Forscher. Der neue Fund belege aber in jedem Fall, dass schon im Mittleren Jura Varianten der Urstellung „Weibchen oben, Männchen unten“ unter den Insekten existierten. (PLoS ONE, 2013; doi: 10.1371/journal.pone.0078188)

(Public Library of Sciences, 07.11.2013 – NPO)

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