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Zoologie

Bienen: Zeitweise schutzlos

Im Puppenstadium können Bienen selbst harmlose Krankheitserreger nicht abwehren

Weibchen der Varroa-Milbe saugen an zwei Bienenpuppen. Oben eine Drohnen-, unten eine Arbeiterinnenpuppe. Die Milben sind nur etwa einen Millimeter groß. © Helga R. Heilmann

Die Varroa-Milbe kann ganze Bienenvölker auslöschen. Dafür wurden bislang Viren verantwortlich gemacht, die mit den Milben in den Stock gelangen. Erwachsene Bienen und Larven können sich allerdings gut gegen Krankheitserreger wehren. Im Puppenstadium sind die Insekten jedoch sehr anfällig – und zwar für jeden Eindringling, wie Forscher jetzt im Fachjournal „PloS ONE“ berichten. Selbst harmlose Bakterien werden ihnen dann zum Verhängnis.

In einem Bienenstock leben im Sommer bis zu 50.000 Arbeiterinnen, einige hundert Drohnen und eine Königin auf engstem Raum zusammen – und das in einer warmen und feuchten Atmosphäre, in der auch krankheitserregende Bakterien gut gedeihen. Eigentlich sollten sich Infektionen in einem Bienenstock also ziemlich leicht ausbreiten können. Doch gegen dieses Risiko sind die erwachsenen Bienen gut gewappnet. Zum einen legen sie großen Wert auf Stockhygiene. Zum anderen reagieren sie mit mehreren Abwehrmechanismen ihres angeborenen Immunsystems auf bakterielle Infektionen. Auch die Larven der Bienen können sich erfolgreich gegen Bakterien wehren.

Immunsystem ist im Puppenstadium ausgeschaltet

Schutzlos schienen die Insekten allerdings im Puppenstadium zu sein. Das hat die „Bienengruppe“ um Jürgen Tautz am Biozentrum der Universität Würzburg im Laufe der letzten Jahre näher untersucht.

Als sie harmlose Escherichia-coli-Bakterien in Kontakt mit Bienenpuppen brachten, führte das in wenigen Stunden zu deren Tod. „Die Bakterien haben sich in den Puppen massiv vermehrt und so vermutlich deren Absterben ausgelöst“, sagt Hildburg Beier. Nachdem sich die Larven verpuppt haben, bleibt ihr Immunsystem offenbar komplett inaktiv.

In einem intakten Bienenstock sind die Puppen normalerweise gut vor Infektionen mit Bakterien geschützt. Sie entwickeln sich in verschlossenen Brutwaben, die weitgehend steril sind. Darum verzichten die Insekten in dieser Lebensphase offenbar auf Immunreaktionen. „Das ist biologisch sinnvoll, denn alles andere wäre reine Energie- und Materialverschwendung“, erklärt Beier. Schließlich sind die Entwicklungsprozesse, die in der Puppenhülle ablaufen, schon aufwändig genug.

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Milbe bringt ungeladene Gäste mit

Der Verzicht auf Immunreaktionen während der Puppenruhe könnte den europäischen Honigbienen nun jedoch zum Verhängnis werden. Das liegt an der Varroa-Milbe (Varroa destructor), einem Parasiten, der vor etwa drei Jahrzehnten aus Asien eingeschleppt wurde. „Die Milbe kann ganze Bienenvölker ausrotten, weil sie krankheitserregende Viren auf die erwachsenen Insekten überträgt – so hat man sich das bislang vorgestellt“, erklärt Tautz, der selbst auch Imker ist. Als gefährlich galten daher vor allem die Milben, die auch Virenträger sind.

Doch nun ist ein weiterer Weg denkbar, über den die Milben den Bienen gefährlich werden könnten: Die Weibchen der Parasiten dringen in die Brutzellen ein und saugen an den Puppen. Dabei könnte sie diese mit ansonsten vollkommen harmlosen Bakterien infizieren. Und das dürfte, wie die neuesten Experimente der Wissenschaftler gezeigt haben, für die Puppen mit Sicherheit tödlich enden.

„Es ist zu befürchten, dass der Varroa-Milbe ein weitaus größeres Bedrohungspotenzial zukommt als bisher angenommen“, so die Wissenschaftler. Eine sorgfältige und flächendeckende Kontrolle dieses Parasiten ist darum eine dauerhafte und zunehmend aufwändige Aufgabe, um die Bestände der Honigbienen zu erhalten. (PLoS ONE, 2013; doi: 10.1371/journal.pone.0066415)

(Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 23.08.2013 – SEN)

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