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Astronomie

Wiege der Einzelgänger-Planeten entdeckt

Kleine rundliche Gaskugeln entpuppen sich als potenzielle Vorläufer der vagabundierenden Himmelskörper

Aus runden, kompakten Gaswolken wie hier im Rosettennebel könnten Einzelgänger-Planeten entstehen. © Canada-France-Hawaii Telescope / 2003 and ESO/M. Mäkelä

Einzelgänger-Planeten geben den Astronomen Rätsel auf. Denn statt um einen Stern zu kreisen, rasen sie allein durch das All. Jetzt haben Forscher erstmals einen Hinweis darauf, wo und wie diese Einzelgänger entstanden sein könnten: Im Rosettennebel entdeckten sie kleine, rundliche Gaskugeln, die so stark komprimiert sind, dass sie zu kollabieren drohen. Das aber wäre genau der Prozess, aus dem ein Planet entstehen könnte – fernab jedes Sterns.

Lange Zeit dachte man, dass Planeten nur als Begleiter von Sternen entstehen – so wie auch die Erde in unserem Sonnensystem die Sonne umkreist. Doch in den letzten Jahren sind Astronomen bei ihren Himmelsdurchmusterungen immer wieder auf rätselhafte Einzelgänger gestoßen: Planeten, die fernab von jedem Stern scheinbar völlig selbstständig durch den Weltraum fliegen. Jüngsten Schätzungen nach könnten solche Einzelgänger-Planeten sogar sehr häufig sein, bis zu 200 Milliarden von ihnen sollen allein in der Milchstraße existieren.

Wolkenkugeln als Planetenwiegen?

Aber woher stammen diese vagabundierenden Planeten? Bisher gingen Astronomen davon aus, dass auch sie einst in Planetensystemen entstanden, gebildet in der Akkretionsscheibe um einen jungen Stern. Dann aber, so die Theorie, sorgten Turbulenzen oder Kollisionen dafür, dass diese Planeten aus ihrer Bahn und aus dem System geschleudert wurden und deshalb seither allein durch das All fliegen. Jetzt allerdings hat ein schwedisch-finnisches Forscherteam noch eine andere Entstehungs-Möglichkeit für diese Einzelgänger-Planeten ausfindig gemacht.

Entdeckt haben die Forscher die potenziellen Wiegen der Einzelgänger im Rosettennebel, einer großen Wolke aus Gas und Staub, die rund 4.600 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Einhorn liegt. Dieser Nebel hat eine Besonderheit: „Er enthält Hunderte kleiner, rundlicher Wolkenkugeln, wir nennen sie Globuletten“, erklärt Projektleiter Gösta Gahm von der Universität Stockholm. Jede dieser Gaskugeln ist nach kosmischen Maßstäben ziemlich klein: Ihr Durchmesser entspricht in etwa der Entfernung des Planeten Neptun zur Sonne. Und auch ihre Masse ist eher bescheiden, denn sie erreicht maximal das 13-Fache der Jupitermasse.

Die Globuletten und das Radio-Spektrum der in ihnen enthaltenen Kohlenstoffmonoxid- Moleküle. Dieses gibt Aufschluss über Masse und STruktur dieser Wolken. © ESO/ M. Mäkelä/ G. Gahm

Extrem dicht geballt und kurz vor den Kollaps

Was aber hat es mit diesen seltsamen Globuletten auf sich? Genau das wollten die Astronomen genauer wissen und untersuchten die rundlichen Wolkengebilde mit gleich drei unterschiedlichen Teleskopen: dem Radioteleskop des schwedischen Onsala Space Observatory, sowie dem APEX Submillimeter Teleskop und dem Infrarot-Teleskop des La Silla Observatoy der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile.

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„Wir haben festgestellt, dass die Globuletten sehr dicht und kompakt sind und viele von ihnen haben extrem dichte Kerne“, berichtet Carina Persson von der Chalmers University of Technology. Das deute darauf hin, dass viele dieser Gaskugeln früher oder später unter ihrer eigenen Schwerkraft kollabieren. Dadurch aber wird die Materie in ihrem Inneren so stark komprimiert, dass durch diesen Kollaps ein Planet entstehen könnte. Aus den größten Globuletten könnte sogar Braune Zwerge entstehen – Himmelskörper, die knapp zu klein sind, um zu einem hell leuchtenden Stern mit aktiver Kernfusion zu werden, aber zu groß, um ein normaler Planet zu sein.

Abgebrochen und vom Sternwind beschleunigt

Die Beobachtungen der Astronomen ergaben auch, dass sich die Globuletten im Rosettennebel sehr schnell nach außen bewegen – mit rund 80.000 Kilometern pro Stunde. Indem sie deren Flugrichtung zurückverfolgten, konnten die Forscher bestimmen, wo diese Gaskugeln möglicherweise ihren Anfang nahmen: „Wir glauben, dass diese kleinen, runden Wolken von den großen staubigen Gassäulen im Nebel abgebrochen sind“, so die Forscher.

Angetrieben vom intensiven Sternenwind der dort gebildeten jungen Sterne werden die Globuletten dann aus dem Zentrum des Nebels herausgeschleudert. Auf dem Weg kollabieren diese Wolkenkugeln nach und nach und bilden jeweils einen Einzelgänger-Planet – so das Szenario der Astronomen.

Weil es in der Milchstraße im Laufe der Zeit Millionen von Nebeln ähnlich dem Rosettennebel gegeben hat, könnte dieser Prozess nach Ansicht von Gahm und seinen Kollegen gut erklären, woher die Einzelgänger-Planeten in unserer Galaxie kommen. „Es gibt so viele von ihnen, dass sie eine signifikante Quelle der frei-fliegenden Planeten sein könnten, die wir in den letzten Jahren entdeckt haben“, so Gahm. (Astronomy & Astrophysics, 2013; doi: 10.1051/0004-6361/201321547)

(Chalmers University of Technology, 22.08.2013 – NPO)

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