Russland steht kurz vor der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls. Die zuständigen Ministerien haben grünes Licht für den Klimavertrag signalisiert. Stimmt nun auch noch das russische Parlament zu, könnte das internationale Abkommen zur Senkung der Treibhausgase schon 90 Tage danach weltweit in Kraft treten.
Grund zum Feiern
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Für den WWF ist das ein Grund zum Feiern. „Die Entscheidung ist überfällig, die internationale Staatengemeinschaft hat lange auf diese Zeichen gewartet. Durch diesen Schritt kommt wieder mehr Fahrt in den Klimaprozess“, erwartet Regine Günther, Leiterin des Energie- und Klimareferats beim WWF Deutschland.
Das Protokoll wird nur zu einer völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung, wenn mindestens 55 Länder ratifizieren, die 1990 zusammen für mindestens 55 Prozent der in den Industrieländern ausgestoßenen Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich waren.
Mit Russland, das damals rund 18 Prozent beitrug, wäre diese Quote erfüllt. 122 Staaten haben das Klimaschutz-Abkommen inzwischen ratifiziert. Nimmt man den russischen CO2 Ausstoß hinzu, liegt ihr Anteil am Emissionskuchen jetzt bei rund
62 Prozent. Die notwendige 55 Prozent Hürde würde damit genommen.
„Joint Implementation Projekte“
Neben dem Außen- und dem Wirtschaftsministerium befasst sich in Russland das Ministerium für Bodenschätze mit dem Kyoto-Protokoll. Parallel zur Ratifizierung werden die Ministerien ihre Gespräche mit potenziellen Investoren intensivieren. Im Mittelpunkt dürften dabei so genannte „Joint Implementation Projekte“ stehen. Dabei geht es zum Beispiel um Investitionen in die veraltete Stromversorgung des Landes.
Finanzieren Deutschland oder andere Industrieländer die Modernisierung russischer Kraftwerke, erhalten sie im Gegenzug Emissionszertifikate (Klimagutschriften). Solche Projekte sind vor allem deshalb interessant, weil sich die Klimaschutzmaßnahmen in Ländern mit maroder Infrastruktur weitaus kostengünstiger realisieren lassen.
„Die Ratifizierung liegt im Interesse von Russlands Bürgern und nützt Ökonomie und Ökologie gleichermaßen“, betont Alexey Kokorin vom WWF Russland. Der Klimavertrag sei eine Riesenchance für die russische Wirtschaft. Die heimische Industrie könne in großem Maß profitieren.
Trittin begrüßt russische Entscheidung
Auch Bundesumweltminister Trittin zeigte sich zufrieden: „Ich begrüße die Entscheidung der russischen Regierung. Die Verabschiedung des Gesetzentwurfes zur Ratifizierung des Kyoto-Protokolls zeigt, dass Russland seiner Verantwortung bei der Bekämpfung des globalen Klimawandels gerecht wird. Russland setzt damit ein Zeichen für die Stärkung der multilateralen Zusammenarbeit unter dem Dach der Vereinten Nationen.“
Und weiter: „Ich bin zuversichtlich, dass das russische Parlament den Gesetzesentwurf der Regierung im Interesse der Umwelt, der internationalen Zusammenarbeit und im Interesse Russlands alsbald verabschiedet. Damit wären die Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls erfüllt.
BUND: Neuer Schwung für den Klimaschutz
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht in dem positiven Votum der russischen Regierung zur Unterzeichnung des Kyoto-Abkommens einen entscheidenden Schritt im internationalen Klimaschutz. Die Umweltorganisation forderte die russische Duma auf, jetzt globale Verantwortung zu beweisen und die sofortige Ratifizierung des Kyoto-Protokolls zu beschließen. Wertvolle Zeit für mehr Klimaschutz sei bereits verloren. Die internationale Gemeinschaft müsse sich sputen, damit der Klimawandel nicht zu schwersten sozialen, ökologischen und volkswirtschaftlichen Schäden führe.
Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, neuen Schwung in die internationalen Klimaverhandlungen zu bringen. So wichtig das Kyoto-Protokoll sei, reiche es bei weitem nicht aus, um die globale Klimaerwärmung zu stoppen.
Empfindliche Ökosysteme wie Gletscher und Korallenriffe und zuerst die ärmeren Bevölkerungen in vielen Teilen der Welt litten am meisten an den Folgen der Klimaerwärmung. Das treffe auch auf Russland zu, wo die einzigartige Tundra-Landschaft Sibiriens bedroht sei. Nach der Ratifizierung des Kyoto-Klimaprotokolls könne Russland verstärkt finanzielle und technologische Unterstützung erhalten, um ein effizientes und zukunftsfähiges Energiesystem aufzubauen. Das bringe den globalen Klimaschutz entscheidend voran.
(ots, WWF, BMU, BUND, 01.10.2004 – DLO)