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Klima

Klimawandel: Meeresbewohner reagieren schneller

Warmes Meerwasser treibt seine Bewohner zu den Polen, und zwar etwa sieben Kilometer pro Jahr

Eigentlich gelten die Meere als Klimapuffer, denn sie erwärmen sich langsamer als das Land. Doch jetzt zeigt sich: Die Tiere und Pflanzen im Meer reagieren trotzdem schneller auf den Klimawandel als die Landbewohner. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt eine internationale Forschergruppe. Die Lebensräume der Meeresbewohner verschieben sich und auch ihre Saison beginnt im Frühjahr immer zeitiger, so die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“.

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Rund 71 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt, trotzdem sind weite Teile der Ozeane noch immer unbekanntes Terrain. Bisher wusste man beispielsweise nur sehr wenig darüber, wie etwa Tiere und Pflanzen in den Weltmeeren auf höhere, durch den Klimawandel hervorgerufene Wassertemperaturen reagieren. Man könnte vermuten, dass Meeresorganismen vergleichsweise wenig durch den Klimawandel beeinträchtigt werden, da die Klimaveränderung die Temperaturen an Land dreimal schneller ansteigen lässt als im Wasser. Doch die Wissenschaftler um Wolfgang Kießling von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg fanden etwas anderes heraus.

Die Forscher analysierten 1.735 Studien aus aller Welt, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels bei Pflanzen und Tieren in den Meeren beschäftigten. Ihre erste Erkenntnis daraus: Die Wasserorganismen weichen aufgrund der höheren Temperaturen in Äquatornähe in Richtung der Pole aus. Das sind Gegenden, die noch vor einigen Jahren zu kalt für sie waren. Und nicht nur das: Ihre Lebensräume verschieben sich mehr als zehnmal schneller als jene der Landlebewesen. Alle zehn Jahre wandern die Lebensräume in den Meeren im Schnitt um 72 Kilometer polwärts, an Land nur durchschnittlich um sechs Kilometer. Die in dieser Hinsicht flinksten Meeresbewohner sind die winzigen Planktonorganismen– dazu gehören unter anderem Kieselalgen oder Ruderfußkrebse – sowie Fischlarven.

Der Frühling im Meer beginnt immer früher

Eine zweite Erkenntnis: Eine größere Veränderung lässt sich auch im Bereich der Phänologie beobachten. So heißen in der Tier- und Pflanzenwelt alle Ereignisse, die direkt von den Jahreszeiten beeinflusst werden. Wann kommen Stare aus dem Süden zurück? Wann treiben Schneeglöckchen aus? Wann suchen sich Igel ihr Winterquartier? Hier stellten die Forscher fest, dass sich typische Frühjahrsereignisse im Meer – wie das Auftreten von Planktonblüten und die Brutzeit von Meeresvögeln – pro Dekade im Durchschnitt mehr als vier Tage nach vorne verschieben. An Land sind es etwa zweieinhalb Tage. Die größte Veränderung zeigte sich bei Zooplankton und Knochenfischen, deren Frühling pro Dekade sogar elf Tage früher beginnt.

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Außerdem belegten die Forscher einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Intensität des Klimawandels und den Veränderungen in den Ozeanen: In den Regionen, die in den vergangenen Jahren die höchsten Temperaturzunahmen verzeichneten, waren auch die größten Veränderungen zu beobachten.

Welche Folgen diese Veränderungen haben, muss in den kommenden Jahren noch untersucht werden. „Nur weil zum Beispiel bestimmte Fischarten ihren Lebensraum weiter in Richtung Nord- oder Südpol verlagern, heißt dies noch lange nicht, dass es in den ursprünglichen Gebieten keine Fische mehr gibt“, erklärt Paläobiologe Kießling. „Allerdings wird es in Äquatornähe schwierig, die abwandernden Arten durch Einwanderer zu ersetzen.“

(Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 05.08.2013 – SEN)

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