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Medizin

Sucht: Ist die Ernährung der Mutter schuld?

Zu viel Fett und Zucker in der Schwangerschaft macht den Rattennachwuchs suchtanfälliger

Warum sind manche Menschen anfälliger für Süchte als andere? Eine mögliche Antwort haben US-Forscher jetzt in Versuchen mit Ratten gefunden: Die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft könnte dafür eine wichtige Rolle spielen. Bekamen Rattenweibchen während ihrer Schwangerschaft besonders fetthaltige oder zuckerreiche Nahrung, neigte ihr Nachwuchs später zu ungezügeltem Alkoholgenuss und reagierte stärker auf Aufputschmittel als die Jungen normal ernährter Mütter. Auch bei uns könnten die Weichen für eine erhöhte Suchtanfälligkeit daher schon im Mutterleib gestellt werden, postulieren die Wissenschaftler.

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„Die Mehrheit der jungen Frauen in den USA ist heute übergewichtig – weil sie zu viel von den schmackhaften, fetten und zuckerreichen Speisen essen, die man in unserer Gesellschaft überall findet“, sagt Nicole Avena von der University of Florida. Gleichzeitig aber steige sowohl die Zahl der übergewichtigen Kinder, als auch der Anteil der Jugendlichen, der Probleme mit Alkohol- oder Drogenmissbrauch hat. Avena und ihre Kollegen haben sich daher gefragt, ob es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen beiden Beobachtungen gibt.

Junkfood für Rattenmütter

Studien deuten darauf hin, dass der Genuss von Chips, Pizza und Co auch auf die Belohnungszentren unseres Gehirns wirkt – den Arealen, die auch für Süchte eine wichtige Rolle spielen. Aber kann sich dieser Einfluss auf im Mutterleib auf den ungeborenen Nachwuchs übertragen? Um das herauszufinden, führten die Forscher mehrere Versuche mit Ratten durch. Dabei wurden Rattenweibchen entweder während der Schwangerschaft oder während des Säugens ihrer Jungen unterschiedlich ernährt: Einige bekamen eine normale, ausgewogene Kost, andere ein extrem fettreiches Futter mit 50 Prozent Fettgehalt. Eine dritte Gruppe erhielt Futter, das entweder viel Haushaltszucker oder aber den Fruchtzucker-haltigeren Maissirup enthielt.

Um den Effekt dieser Diäten auf den Nachwuchs zu testen, maßen die Forscher das Gewicht die Rattenjungen und den Cholesterin-Gehalt in ihrem Blut. Außerdem aber prüften sie, wie viel Alkohollösung die Ratten im Erwachsenalter tranken und wie sie auf niedrige Dosen von aufputschend wirkenden Amphetaminen reagierten.

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Dick, hyperaktiv und mit Vorliebe für Alkohol

Tatsächlich zeigten sich signifikante Unterschiede: Die Ratten, deren Mütter während der Schwangerschaft oder beim Säugen sehr fett- oder zuckerreich ernährt wurden, waren nicht nur dicker als ihre Altersgenossen. Sie waren auch stärker dem Alkohol zugeneigt und tranken jeweils deutlich länger und mehr von der angebotenen Alkohollösung, wie die Forscher berichten. Die Rattenkinder, die schon im Mutterleib oder beim Säugen eine Zuckerschwemme erlebt hatten, reagierten zudem schon auf niedrige Dosen Amphetamine hyperaktiv. Der Nachwuchs der normal ernährten Ratten verhielt sich dagegen trotz Aufputschmittel weitgehend unverändert.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass fett- und zuckerreiche Ernährung selbst die ungeborenen Ratten im Mutterleib schon nachhaltig beeinflusst“, sagt Avena. Ein Übermaß dieser Nährstoffe erhöhe nicht nur das Risiko für Übergewicht beim Nachwuchs, es mache ihn offenbar auch anfälliger für Alkoholismus und Drogen.

Warum das so ist, haben die Forscher zwar in ihrer Studie nicht untersucht. Vorhergehende Studien mit Tieren und Menschen haben aber bereits gezeigt, dass übermäßiger Genuss von Zucker und Fett im Laufe der Zeit die Belohnungsschaltkreise des Gehirns verändern kann. Durch das Überangebot abgestumpft, werden dann mehr Chips, Pizza oder Süßigkeiten benötigt, um das gleiche Gefühl der Befriedigung auszulösen – ein auch für viele Süchte typischer Effekt. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte die Ernährung der Mutter einen ähnlichen Einfluss auf das Gehirn ihres Ungeborenen haben. Dem Nachwuchs beschert dies dann schon vor der Geburt eine höhere Suchtneigung – möglicherweise auch bei uns Menschen. (121st Annual Convention of the American Psychological Association)

(American Psychological Association, 05.08.2013 – NPO)

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