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Biologie

UV-Licht rettet Leben

Meeresschildkröten verfangen sich seltener in Fischernetzen, wenn diese beleuchtet sind

Suppenschildkröte (Chelonia mydas) im Meer bei Hawaii © Brocken Inaglory / CC BY-SA 3.0

Meeresschildkröten landen oft als unerwünschter Beifang in Fisch- oder Krabbennetzen. Schätzungen des WWF zufolge sterben so jedes Jahr 250.000 der ohnehin schon bedrohten Tiere. Eine neue Methode eines US-amerikanisch-mexikanischen Forscherteams macht Schildkröten nun auf die Netze aufmerksam: Durch UV-LEDs an den Netz-Leinen.

Meeresschildkröten sind akut vom Aussterben bedroht, denn sie mussten viele Jahre Jagd durch den Menschen erdulden: Ihr Fleisch, ihr Panzer, ihre Eier – alles war und ist teilweise immer noch sehr begehrt. Dazu kommen mittlerweile verschmutzte Meeresgebiete, zugebaute Strände, die das Ablegen der Eier verhindern und moderne Fischereimethoden.

Grundsätzlich versuche man, die unterschiedlichen Sinnessysteme von Fischen und anderen Meerestieren auszunutzen, um die Beifangmenge zu reduzieren, erläutern die Forscher. So werden einige Netze beispielsweise heute schon mit akustischen Signalgebern ausgestattet, um Delfine abzuschrecken. Auch Beleuchtungskörper verschiedener Art gehören zu den im Test befindlichen Systemen. Das Problem: Die meisten Menschen, die vom Fisch- oder Krabbenfang leben, stehen diesen Methoden skeptisch gegenüber. Sie befürchten nämlich, die veränderten Netze könnten neben den nicht erwünschten Tieren auch die wertvollen Fische und Krabben abschrecken und damit den Fangerfolg reduzieren.

Schildkröten sehen es, Fische nicht

Das Team um John Wang von der University of Hawaii in Honolulu legte daher die Untersuchung ihres UV-Systems von Anfang an zweigleisig an: Zum einen testeten die Forscher vor der Küste von Baja California in Mexiko, wo es viele Suppenschildkröten gibt, ob im UV-Licht leuchtende LEDs an den Netzen die Anzahl der Tiere verringern, die sich in den Netzen verfangen. Zum anderen arbeiteten sie mit lokalen Fischern zusammen und prüften an einem anderen Küstenabschnitt, ob und wenn ja, wie die LEDs die Zusammensetzung des Hauptfangs sowie dessen Marktwert verändern. UV-Licht sei deswegen vielversprechend, weil Meeressschildkröten diesen Strahlungsbereich sehr gut wahrnehmen können. Die meisten Fische besitzen dagegen jedoch eine Art Filter im Auge, der diese Wellenlängen absorbiert, um Schäden am Auge zu verhindern.

Die Forscher konzentrierten sich für ihre Tests in beiden Fällen auf nahe an der Küste ausgelegte Stellnetze, die durch eine schwere Leine am unteren Ende und eine schwimmende am oberen senkrecht im Wasser gehalten werden. Denn in diesen Netzen, die auch von kleineren Fischereibetrieben genutzt werden, sei der Beifang von Meeresschildkröten ein besonderes Problem, erläutern sie. Für alle Tests wurden im UV-Bereich leuchtende LEDs an der Schwimmleine im Abstand von jeweils fünf Metern befestigt. Jeder Test wurde mit einem Netzpaar durchgeführt: einem Netz mit angeschalteten LEDs und einem mit funktionsunfähigen. Alle Tests liefen über Nacht.

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Weniger Schildkröten – genauso viele Fische

Das Ergebnis: In den elf beleuchteten Probenetzen beim Schildkrötentest verfingen sich insgesamt 123 Suppenschildkröten, in den dunklen waren es 209. Umgerechnet ergab das einen Wert von 16,1 Tieren pro 100 Meter Netz pro 12 Stunden bei den LED-Netzen und von 26,7 Tieren in den unbeleuchteten. Die LEDs reduzierten also die Anzahl der verfangenen Schildkröten um knapp 40 Prozent, berichtet das Team. Die Netze in diesem Test wurden übrigens alle 90 Minuten kontrolliert und die gefangenen Schildkröten freigelassen, betonen die Forscher.

Im zweiten Test waren die Netze ähnlich ausgestattet, und auch hier wurden jeweils Netzpaare verglichen. Fazit: In den LED-Netzen fanden sich zwar marginal weniger Fische als in den unbeleuchteten, statistisch war dieser Effekt jedoch nicht signifikant. Man könne also resümieren, dass UV-LEDs zwar den Schildkrötenbeifang reduziere, die Quantität und auch den Marktwert des eigentlichen Fangs jedoch nicht oder so gut wie nicht beeinträchtige, so das Team.

Noch weitere Tests nötig

Natürlich müsse man nun genauer untersuchen, unter welchen Bedingungen sich die UV-Lämpchen am besten bewähren. Es könnte zum Beispiel sein, dass es in anderen Gebieten Fischarten gebe, die ebenfalls auf das UV-Licht reagierten. In diesen Fällen könne es lohnen, mit anderen Wellenlängen zu experimentieren. Grün beispielsweise scheine einen ähnlich abschreckenden Effekt auf Schildkröten zu haben, ohne die Fische zu beeinträchtigen. Auch sei unklar, ob die Sauberkeit und Klarheit des Wassers oder die Lichtverhältnisse das Ergebnis beeinflussten. Und schlussendlich müsse auch geklärt werden, ob die Schildkröten Angst vor den LEDs hätten oder ob diese sie nur auf die Anwesenheit des Netzes aufmerksam machten. In jedem Fall sei es der Ansatz jedoch Wert, weiterverfolgt zu werden – schließlich sei er günstig und scheine keine negativen Auswirkungen auf die Meeresfauna zu haben.

(Journal of the Royal Society – Biology Letters, 2013; doi: 10.1098/rsbl.2013.0383)

(University of Hawaii, 24.07.2013 – ILB)

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