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Technik

Ultraschall bringt Tropfen zum Schweben

Akustische Levitation ermöglicht die berührungslose Manipulation und Mischung von Objekten

Dieser grüne Tropfen entstand durch freischwebendes Mischen zweier nichtleuchtender Ausgangstropfen © Dimos Poulikakos

Ultraschall dient nicht nur der Ortung oder Medizin, mit ihm kann man auch Objekte schweben lassen. Diese Methode der akustischen Levitation haben Schweizer Forscher jetzt so weit verfeinert, dass sie Tropfen und feste Stoffe freischwebend bewegen, manipulieren und sogar vermischen können. Nutzbar wäre diese Technik beispielsweise für besonders empfindliche Materialien beispielsweise in der Biomedizin, wie sie im Fachmagazin „Proceedings of the National Aacademy of Sciences“ berichten.

Schall kann eine spürbare Kraft entfalten – das lässt sich an fast jedem größeren Lautsprecher beobachten: Legt man ihn auf den Rücken und dreht vor allem die Bässe voll auf, beginnen auf ihm platzierte Styroporstückchen oder andere leichte Objekte zu tanzen: Die durch den Schall erzeugten Vibrationen heben die Stückchen immer wieder leicht an. Noch besser funktioniert dies aber, wenn statt Musik kurzwelliger Ultraschall eingesetzt wird, wie Daniele Foresti von der ETH Zürich und seine Kollegen nun demonstrieren.

Knoten im Ultraschallfeld

Dazu ordneten sie einzeln steuerbare, 15 Millimeter breite Piezolautsprecher mit der Schallöffnung nach oben nebeneinander an. In einem bestimmten Abstand von diesen befestigten sie eine Reflektorplatte. „Dadurch bildet sich eine stehende Welle zwischen den Lautsprechern und dem Reflektor“, erklären die Forscher.

Diese Wellen zusammen ergeben ein akustisches Feld, dessen Kraft ausreicht, um bei kleineren Objekten die Schwerkraft zu überwinden. Diese schweben dann an bestimmten Punkten des Feldes, den sogenannten Knoten. Dass eine solche akustische Levitation funktioniert, war bereits früher bekannt. Das Neue an dem Gerät der Schweizer ist aber, dass sie die Knoten im Ultraschallfeld – und damit die darin schwebenden Partikel – gezielt bewegen und manipulieren können.

So funktioniert die akustische Levitation: Durch Veränderung der Schallintensität verändert sich das Ultraschallfeld und damit auch die Positionen der Tropfen. © Foresti et al. /PNAS

In einem Versuch injizierten sie beispielsweise zwei rund einen Millimeter kleine Wassertropfen an entgegengesetzten Enden des Schallfelds. Durch kleinste Veränderungen der Schallintensität einzelner Lautsprecher verschoben sie die Knoten im Feld so, dass beide Tropfen aufeinander zu wanderten und dann schließlich verschmolzen. „Wir kennen keine andere Methode oder Technologie, die den Transport und die Manipulation mehrerer Tropfen in der Luft ermöglicht“, konstatieren die Forscher.

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Schwebender Instant-Kaffee und DNA-Transfer

Das Ganze funktioniert aber auch mit Mischungen aus festen und flüssigen Objekten, wie sie erklären: Bringt man ein Körnchen Instantkaffee und einen Wassertropfen in diesem Feld zusammen, löst sich der Kaffee im Wasser – und der vermutlich erste schwebende Kaffeebereiter ist perfekt. Nach Ansicht der Forscher liegt genau darin der Vorteil gegenüber anderen Levitationsmethoden, beispielsweise durch Magnetfelder oder elektrische Ladungen: Die akustische Variante funktioniert unabhängig vom Material. Es ist egal, ob die Objekte flüssig oder fest sind, ob sie Strom leiten oder nicht und ob sie magnetisch sind oder nicht.

Selbst ein Zahnstocher wird durch das Ultraschallfeld zum Schweben gebracht und bewegt © Foresti et al. /PNAS

Dass sich die Methode auch für die biomedizinische Forschung einsetzen lässt, demonstrierten die Wissenschaftler in einem weiteren Experiment. Dabei gaben sie einen Tropfen einer DNA-Lösung und einen Tropfen mit lebenden Krebszellen in das Ultraschallfeld und brachten beide zum Verschmelzen. Anschließende Beobachtungen zeigten, dass dadurch ein Teil der freien DNA-Moleküle in die Zellen eingeschleust worden war – ein Prozess, der für gezielte Genmanipulationen fundamental wichtig ist. In einem weiteren Versuch brachten sie ein Fluoreszenzprotein zum Leuchten, indem sie dieses mit einer speziellen Lauge verschmelzen ließen.

Das belege, dass auch hochsensible biologische Materialien mit diesem Verfahren berührungslos und unter kontrollierten Bedingungen manipuliert werden können ohne sie zu beschädigen oder zu zerstören. „Dieses Konzept ebnet den Weg zu ganz neuen Prozessklassen, von substratfreien biologischen und chemischen Reaktionen bis zu neuen behälterlosen Mischungsmethoden“, so Foresti und seine Kollegen. (Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS),2013; doi: 10.1073/pnas.1301860110)

(PNAS, 16.07.2013 – NPO)

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