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Physik

Forscher erfinden ein Lichtrad

Laserlicht mit einem transversalen Drehimpuls bringt Nanoteilchen zum Kreisen

Nanoteilchen mit Effet: Ein photonisches Rad (als grüner Fleck auf dem weißen Untergrund angedeutet) bringt ein Nanoteilchen in einer optischen Falle dazu, in der Ausbreitungsrichtung des Lichts um sich selbst zu rotieren. Sobald die optische Falle geöffnet wird, saust das Teilchen durch seine Rotationsbewegung davon. © Peter Banzer / MPI für die Physik des Lichts

Erstmals können Physiker von Licht angetriebene Nanoräder erzeugen: Mit einem speziellen Laserstrahl leuchten sie winzige Nanopartikel an und lassen diese dadurch um ihre Achse rotieren. Das Besondere an diesem photonischen Rad: Das funktioniert nur, wenn das Licht einen Drehimpuls besitzt, der senkrecht zu seiner Ausbreitungsrichtung steht – und genau das galt bisher als quasi unmöglich, wie die Forscher im Fachmagazin „Journal of the European Optical Society“ berichten. Die Entdeckung des photonischen Rades eröffne nun neue Anwendungen im Nanobereich – vom Nanomixer bis zur Photonenpinzette.

Licht kann erstaunliche Kräfte entwickeln. Den Regeln der Quantenmechanik zufolge ist Licht sowohl eine elektromagnetische Welle als auch ein Strom von Photonen. Da es einen Impuls besitzt, erfährt ein transparentes Teilchen, durch das ein Lichtstrahl fällt, einen Rückstoß, wenn die Photonen es verlassen. Die Kraft, die ein einzelnes Photon dabei ausübt, ist zwar fast verschwindend klein, in intensiven und stark gebündelten Laserstrahlen summiert sich die Wirkung unzähliger Lichtteilchen jedoch so, dass sich damit Objekte bis zu wenigen Mikrometern Größe in einer optischen Falle festhalten oder gezielt bewegen lassen. Biologen etwa nutzen diesen Effekt in optischen Pinzetten, um Zellen im Fokus eines Mikroskops zu fixieren und zu drehen.

Fahrradreifen statt Propeller

Normalerweise dreht sich das elektrische Feld einer Lichtwelle wie ein Propeller: Um eine Achse, die in die Richtung zeigt, in die sich das Licht auch ausbreitet. Physiker bezeichnen dies als longitudinalem Drehimpuls. Gerd Leuchs und seine Kollegen vom Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen haben nun ihrem Laserlicht einen zuvor unbekannten Drehimpuls verliehen: senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Wein solcher transversaler Drehimpuls rotiert wie der Reifen eines Fahrrads. „Die Möglichkeit, dass Licht über den gesamten Strahlquerschnitt gemittelt einen rein transversalen Drehimpuls haben kann, hatte man bisher nicht erkannt“, sagt Max-Planck-Forscher Peter Banzer, der maßgeblich an der Entdeckung beteiligt war.

Propeller oder Rad: In zirkular polarisiertem Licht schraubt sich der Vektor, der das elektrische Feld der Lichtwelle repräsentiert (blaue Pfeile), schraubenförmig in die Ausbreitungsrichtung. Eine solche elektromagnetische Welle besitzt einen longitudinalen Drehimpuls. Treffen zwei entgegengesetzt drehende Wellen mit zirkularer Polarisation in einem Brennpunkt zusammen, entsteht Licht mit einem rein transversalen Drehimpuls. Dessen elektrischer Feldvektor dreht sich wie eine Fahrradspeiche um eine Achse senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. © Peter Banzer / MPI für die Physik des Lichts

Doch wie die Erlanger Physiker nun sowohl theoretisch als auch praktisch zeigten, lässt sich Licht mit rein transversalem Drehimpuls sehr wohl erzeugen, und zwar auf erstaunlich einfache Weise. „Wenn es einmal auf dem Papier steht, sieht es leicht aus“, sagt Leuchs. Aber man muss erst einmal auf die Idee kommen. Bei dieser setzten die Forscher bei zirkular polarisiertem Licht an. Eine Welle solchen Lichts dreht sich wie eine Schraube um die Ausbreitungsrichtung des Strahls und hat einen propellerförmigen longitudinalen Drehimpuls. Erzeugen lässt sich zirkular polarisiertes Licht zum Beispiel durch einen doppelbrechenden Kristall. Ob sich die Lichtwelle dabei im oder gegen den Uhrzeigersinn dreht, hängt von der Orientierung des Kristalls ab.

Die Physiker fügten nun zwei Scheiben dieses Materials so zusammen, dass ein Teil eines Laserstahls im und ein Teil gegen den Uhrzeigersinn rotiert. Die beiden gegeneinander rotierenden Teilstrahlen fokussierten sie dann mit einer Linse auf einen Brennpunkt der Größe der Lichtwellenlänge. „Unsere theoretischen Betrachtungen ergaben, dass wir im Brennpunkt Licht mit einem rein transversalen Drehimpuls erhalten – das photonische Rad“, sagt Banzer.

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Weg frei für den Nanomixer

Auch im Experiment zeichnete sich diese besondere Eigenschaft ab. Dazu gaben die Forscher ein Nano-Teilchen aus Gold in den Lichtstrahl und beobachteten dabei sein Verhalten. Das Trudeln des Teilchens und die dabei auftretenden Merkmale des Lichts belegten, dass der fokussierte Strahl tatsächlich einen rein transversalen Drehimpuls besitzt. Ein Lichtrad mit einem um sich selbst kreisenden Teilchen sei nun der nächste Schritt, so die Physiker.

Das Lichtrad verschafft nicht nur Biologen neue experimentelle Möglichkeiten, die Zellen unter dem Mikroskop künftig in drei Raumrichtungen rotieren lassen könnten. Auch in der Quanten- und Nanooptik erweitert die neue Art, Lichtwellen zu formen, den experimentellen Spielraum. Zudem dürfte sie sich in der Nanotechnik als nützlich erweisen, etwa um Nanomixer oder andere Nanomaschinen zu konstruieren.

„Wenn wir Teilchen in einer optischen Falle zunächst im Kreis beschleunigen und dann die Falle öffnen, sollten sie kreiselnd davon sausen, und wir könnten eine Art Dragster-Rennen mit Nanopartikeln veranstalten“, erklärt Leuchs. „Diese Möglichkeiten, die das photonische Rad uns gibt, wollen wir nun in weiteren Experimenten ausloten.“

(Max-Planck Gesellschaft, 14.06.2013 – NPO)

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