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Raumfahrt

Zehn Jahre Mars Express

Raumsonde liefert bis heute entscheidende Einblicke in die Geschichte des Roten Planeten

Am 2. Juni 2003 startete die europäische Sonde Mars Express vom Weltraumbahnhof in Baikonur zum Roten Planeten. © ESA

Gräben, verzweigte Täler, Lavaflüsse und der höchste Berg im Universum – seit nunmehr zehn Jahren liefert die europäische Sonde Mars Express einzigartige Bilder vom Roten Planeten. Ihre Aufnahmen haben unser Bild des Mars entscheidend geprägt und einiges an Überraschungen aufgedeckt. Das dieser Marsorbiter allerdings einmal so lange durchhalten würde und mittlerweile den Roten Planeten mehr al 12.000 Mal umkreist hat, hätte bei seinem Start am 2. Juni 2003 wohl kaum jemand gedacht.

Am 2. Juni 2003 startete die von der europäischen Weltraumagentur ESA entwickelte Raumsonde Mars Express vom Weltraumbahnhof Baikonur ins All. Mit an Bord eines ihrer wichtigsten Instrumente: die hochauflösende Stereokamera HRSC. Sie schoss am 3. Juli 2003 – noch während des Fluges zum Mars – aus knapp acht Millionen Kilometer Entfernung eine erste Test-Aufnahme von Erde und Mond. Am DLR-Institut für Planetenforschung, das die Kamera entwickelt hat und betreibt, war damals die Erleichterung groß.

Am 25. Dezember 2003 erreichte Mars Express dann ihr Ziel – und sorgte für den ersten Schreck. Die Stereokamera blickte aus geringer Entfernung auf den Mars hinunter und lieferte ein fast weißes Bild. „Da haben alle erst einmal geschluckt“, erinnert sich Experimentmanager Ralf Jaumann. Funktionierte die weltraumtaugliche Kamera nicht? Für die Wissenschaftler wäre der Ausfall des Instruments eine herbe Enttäuschung gewesen. Doch einer der neun verschiedenen Kanäle der Kamera – der Infrarotkanal – zeigte immerhin schwache Konturen der Marsoberfläche. Das Problem war dann schnell gefunden: Die Kamera war nahe am Mars viel sensibler als von den Forschern erwartet, die erste Aufnahme war daher schlicht überbelichtet.

Blick auf die Randberge der Valles Marineris auf dem Mars © DLR

Zwei weitere Marsumkreisungen später lieferte die Kamera dann die erste von vielen erfolgreichen Aufnahmen. „Zum ersten Mal konnten wir den Mars räumlich – dreidimensional – sehen“, sagt Ralf Jaumann, Projektleiter für die Mission im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Das war vor mittlerweile zehn Jahren. Mittlerweile ist aus den zahlreichen Aufnahmen fast ein kompletter 3D-Globus des Roten Planeten entstanden. Wie ein Puzzle setzen die Wissenschaftler Stück für die Stück die Aufnahmen der Kamera zusammen und erstellen so eine globale Landkarte vom Mars. Von den 145 Millionen Quadratkilometern Marsfläche sind bereits 97 Millionen mit einer sehr guten Auflösung abgedeckt, bei der ein Pixel weniger als 20 Metern entspricht. Mit einer Genauigkeit von weniger als 100 Metern wurde mittlerweile fast die gesamte Marsoberfläche erfasst.

Zum Teil machen atmosphärische Störungen wie Wolken, Dunst, Staubstürme oder die gefürchteten Wirbelwinde auf dem Mars eine Aufnahme unbrauchbar – dann entsteht eine Lücke, die bei einem der nächsten Überflüge gefüllt wird. „Damit entsteht der umfangreichste Datensatz, der je mit einem deutschen Instrument zur Erkundung unseres Sonnensystems gewonnen wurde“, sagt Planetenforscher Jaumann. Kombiniert werden diese Daten mit den Datensätzen anderer Missionen wie Mars Global Surveyor oder auch den Daten weiterer Instrumente auf der Mars Express-Sonde.

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Neun Beobachtungswinkel auf einen Blick

Dass die Täler, Canyons und Lavaströme auch in 3D zu sehen sind, ermöglicht das ungewöhnliche Aufnahmeprinzip der Kamera: Nacheinander tasten neun lichtempfindliche Detektoren die Oberfläche unter neun verschiedenen Beobachtungswinkeln ab. Diese Daten wiederum werden von den DLR-Planetenforschern zu digitalen Geländemodellen und dreidimensionalen Bildern verarbeitet. „Wir können die gesamte Topographie beinahe so sehen, als würden wir vor Ort auf dem Mars stehen“, betont Jaumann. Welche Neigung hat ein Hang? Wie dick ist die Lavaschicht?

Mit den Aufnahmen der Mars-Express-Kamera konnten die Wissenschaftler beispielsweise feststellen, dass der Vulkanismus auf dem Mars noch relativ jung ist: Einige der Schildvulkane in der Marsprovinz Tharsis waren noch von wenigen Millionen Jahren aktiv – für Geologen liegt das noch in der nahen Vergangenheit des Planeten. Auch heute könnten die Vulkane durchaus noch einen Rest dieser ehemaligen Aktivität haben.

Farbkodiertes Höhenmodell des Olympus Mons, des größten Vulkans im Sonnensystem © DLR

Hinweise auf einstige Meere und Flüsse

Die Bilder der Stereokamera HRSC (High Resolution Stereo Camera) lieferten aber auch entscheidende Hinweise auf eine lebensfreundliche Vergangenheit des Roten Planeten. Denn sie zeigten Landschaftsformen auf der Marsoberfläche, die einst durch Wasser geschaffen worden sein müssen, darunter drei bis vier Milliarden Jahren alte tiefe Schluchten im Hochland und riesige Ausflusstäler. Es müssen also in der Frühphase des Planeten andere klimatische Bedingungen geherrscht haben. Gut erkennbar ist dies auch auf den dreidimensionalen Bildern, die unweit des Äquators Strukturen zeigen, die von Gletschern stammen.

„Dabei sollte die Mars Express-Mission schon nach einem Marsjahr – also zwei Erdjahren – enden“, erinnert sich Jaumann. In den vergangenen zehn Jahren verlängerte die Europäische Weltraumorganisation ESA die Mission aber immer wieder. Nun soll die Sonde noch bis Ende 2014 um den Mars kreisen. „Das ist eigentlich das Fazit zu den vergangenen zehn Jahren: Alles funktioniert noch bestens, und wir bekommen aktuelle Daten, die für die Erforschung des Mars wichtig sind.“

Diese Galerie zeigt schönsten Bilder der HRSC-Kamera von Mars Express

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 03.06.2013 – NPO)

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