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Geowissen

Urzeit-Wald auf Baustelle entdeckt

13.000 Jahre alte Holzstümpfe sind wichtiger Fund für die Dendrochronologie

Die Holzproben werden sorgfältig inventarisiert und für die Analysen im Labor vorbereitet. © WSL / Gottardo Pestalozzi

Es war ein Fund direkt vor der Haustür: Am Südrand von Zürich haben Forscher die Reste eines vor 13.000 Jahren im Schlamm begrabenen Urzeit-Waldes entdeckt. Arbeiter auf einer Baustelle waren beim Baggern zufällig auf die Baumstümpfe gestoßen. Bisher wurden mehr als 200 gut erhaltene Kiefernstümpfe geborgen. Qualität und Ausmaß des Fundes seien weltweit einmalig und ein wichtiger Schatz für die mitteleuropäische Dendrochronologie – die Datierung mittels Jahresringen, berichten die Forscher.

Als Daniel Nievergelt, Jahresringforscher an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), einen Blick in eine Baustelle am Südrand von Zürich warf, hoffte er auf einen brauchbaren Fund. Und tatsächlich: Am Rand der lehmigen Baugrube lagen einige große Baumstrünke. Die Bauarbeiter hatten sie zum Holzabfall geworfen. Bei näherem Hinsehen erkannte sie der Forscher als sogenannte subfossile Kiefern – Baumreste, die nicht versteinert sind, aber dennoch bereits sehr alt. Sofort unterzog er den Fund gemeinsam mit Kollegen einer näheren Untersuchung und schickte drei Proben an die ETH Zürich mit Bitte um eine C14-Datierung.

Diese bestätigte die Vermutungen: Dem Holz wurde ein Alter zwischen rund 12.900 und 13.840 Jahren zugeschrieben. Mit Unterstützung der Bauleitung konnten die Forscher bis heute gegen 200 Kiefernstümpfe bergen, die sie in mehreren Lastwagenladungen an die WSL transportieren ließen. Qualität und Dimensionen des Fundes sind nach dem Kenntnisstand der beteiligten Forscher weltweit einmalig.

Wertvolle Einblicke in Klima und Geschichte

Die Forscher werden nun aus jedem verwertbaren Strunk drei Baumscheiben sägen und Holz und Ringe analysieren. Ziel ist es, die mitteleuropäische Jahrring-Chronologie zu ergänzen. Durch akribischen Vergleich von Jahrringmustern versuchen sie, die Überlappungen zu finden, die für eine absolute Datierung nötig sind. Die Forscher hoffen, mit den neu gefundenen Hölzern eine Lücke in der bisherigen Chronologie zu schließen und diese um rund 2.000 Jahre zu verlängern.

Baugrube in Zürich-Binz mit subfossilem Kiefernstrunk © WSL / Gottardo Pestalozzi

Jahresringe, Zustand und Lage der gefundenen Baumstrünke liefern aber nicht nur Informationen über ihr Alter. Sie erlauben auch Schlüsse über vergangene Temperatur- und Niederschlagsschwankungen und zeugen von Störungen wie Feuer, Stürmen oder Erdbeben. Die Dichte und die chemische Zusammensetzung des Holzes kann Hinweise über Klima und Luftzusammensetzung in der Vergangenheit geben. Und seit kürzerem erlauben DNA-Analysen, die Abstammung der Bäume zu verfolgen.

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Die WSL betreibt das international größte Labor für Jahresringforschung. Die neusten Funde reihen sich in eine weltweite Sammlung von Umweltarchiven ein und können wichtige Puzzleteile zu Forschungsfragen beitragen: Wie war das Klima nach der letzten Eiszeit? Welche Ereignisse haben die Landschaft um Zürich, aber auch jene der Erde, geprägt? In welcher genetischen Beziehung stehen die Binz-Kiefern mit ihren heutigen Verwandten? Zudem könnte der prähistorische Wald in der Binz auch zur Kalibration der C14-Kurve beitragen.

(Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, 22.05.2013 – NPO)

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