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Astronomie

Antimaterie-Überschuss liefert Hinweis auf Dunkle Materie

AMS-Detektor registriert Positronen, die aus Teilchenreaktion der Dunklen Materie stammen könnten

3D-Karte der Verteilung Dunkler Materie in inem Teil des Kosmos - direkt nachgewiesen wurde sie aber bisher nicht © NASA/ESA/Richard Massey (California Institute of Technology)

Schon seit gut 80 Jahren suchen Astrophysiker nach direkten Beweisen für die Dunkle Materie. Jetzt könnte der AMS-Detektor an der Internationalen Raumstation ISS erstmals tatsächlich Teilchen eingefangen haben, die direkt aus dieser exotischen Materieform hervorgegangen sind. Wie Forscher der NASA und des CERN berichten, registrierte das Instrument in den ersten eineinhalb Jahren seiner Laufzeit einen Überschuss von Positronen – dem Antimaterie-Gegenstück der Elektronen. Diese aber entstehen einer gängigen Theorie nach dann, wenn die noch unbekannten Teilchen der Dunklen Materie miteinander kollidieren.

Ein Großteil der Masse in unserem Universum stammt nicht von Sternen, Gasen oder Planeten, sondern geht auf Dunkle Materie zurück. Diese exotische Materieform ist unsichtbar und nicht direkt messbar oder nachweisbar, steht aber vor allem durch ihre Schwerkraft in Wechselwirkung mit der normalen Materie. Sie beeinflusst der gängigen Theorie nach beispielsweise die Drehbewegung von Galaxien und hält diese Sternenansammlungen zusammen. Obwohl die Dunkle Materie seit mehr als 80 Jahren postuliert wird, konnte ihre Existenz bisher aber nie direkt nachgewiesen werden. Auch woraus sie besteht, welche Teilchen sie bilden, ist bisher umstritten und letztlich nicht erklärt.

400.000 Positronen zu viel

Jetzt hat das Alpha Magnetic Spectrometer (AMS) an Bord der Internationalen Raumstation ISS erste Ergebnisse geliefert, die die Existenz der Dunklen Materie zumindest stützen. Das seit Mai 2011 arbeitende Instrument ist im Prinzip ein Detektor für verschiedene geladene Partikel der kosmischen Strahlung. In den ersten eineinhalb Jahren Laufzeit hat das AMS 25 Millionen Ereignisse registriert, von denen 6,8 Millionen aus Elektronen und ihren Antimaterie-Gegenstücken, den Positronen bestanden.

Normalerweise müssten von beiden Teilchensorten nahezu gleich viele ins Netz gehen, doch die aktuellen Auswertungen zeigen, dass das AMS 400.000 Positronen mehr eingefangen hat. Das repräsentiere den größten Überschuss von energiereicher Antimaterie, den man bisher im All direkt gemessen und analysiert habe, berichten die am AMS-Experiment beteiligten Forscher der NASA und des Forschungszentrums CERN bei Genf.

Blick auf das Alpha Magnetic Spectrometer (AMS), befestigt an einer der Querstreben der Internationalen Raumstation ISS. © NASA

Erster direkter Nachweis der Annihilation Dunkler Materie?

Theoretisch könnten solche überschüssigen Positronen entstehen, wenn zwei Teilchen der Dunklen Materie aufeinander treffen und sich dabei gegenseitig auslöschen. Denn einer gängigen Theorie nach besteht die Dunkle Materie aus sogenannten Weakly Interacting Massive Particles (WIMPS), die quasi ihre eigenen Antiteilchen sind. Ähnlich wie normalerweise Materie und Antimaterie löschen sie sich beim Zusammenprall deshalb gegenseitig aus. Dabei sollen, so vermutet man, energiereiche Gammastrahlen, Antiprotonen oder Positronen entstehen.

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Tatsächlich zeigten die vom AMS registrierten Teilchen weder eine signifikante Variation mit der Zeit noch kamen sie aus einer bevorzugten Richtung des Raumes. Das spricht nach Ansicht der Forscher durchaus dafür, dass sie aus der Annihilation von Teilchen der Dunklen Materie entstanden sein könnten. „Diese Merkmale zeigen Belege eines neuen physikalischen Phänomens“, schreiben sie.

Klarheit möglicherweise schon in wenigen Monaten

Die AMS-Messungen sind zwar die genauesten und umfassendsten, die bisher von kosmischen Positronen erstellt wurden. Dennoch reichen die Ergebnisse noch nicht ganz aus, um andere Erklärungsmöglichkeiten sicher auszuschließen, wie die Astrophysiker betonen. Theoretisch könnten solche Antimaterieteilchen auch von Pulsaren in unserer Galaxie ausgeschleudert worden sein. Die genaue Verteilung der Positronen über verschiedene Energiebereiche kann aber Auskunft geben, welche Quelle wahrscheinlicher ist. „In den kommenden Monaten wird das AMS uns eindeutig sagen können, ob diese Positronen ein Signal für die Dunkle Materie sind oder ob sie aus einer anderen Quelle stammen“, sagt AMS-Sprecher Samuel Ting.

Der gut acht Tonnen schwere AMS-Detektor wurde von einer Kollaboration von hunderten von Forschern und Ingenieuren aus 16 Ländern entwickelt und gebaut. Am 16. Mai 2011 brachte ihn das Space Shuttle Endeavor zur internationalen Raumstation, wo er am 19. Mai auf der erdabgewandten Seite angebracht wurde. Seither fangen die starken Magneten und Teilchenfallen des Spektrometers gezielt energiereiche Partikel aus der kosmischen Strahlung ein, die auf den Detektor fällt. Fokus der Messungen sind dabei vor allem Antimateriepartikel.

(CERN / NASA, 04.04.2013 – NPO)

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