Der nächste Erdzwilling könnte nur 13 Lichtjahre von der Erde entfernt liegen. Denn viele der Roten Zwergsterne in unserer Nachbarschaft sind höchstwahrscheinlich von erdähnlichen, lebensfreundlichen Planeten umgeben. Darauf deutet eine neue Auswertung von Daten des Kepler-Weltraumteleskops hin. Nach dieser besitzen 60 Prozent der Roten Zwerge Planeten mindestens einen Planeten und sechs Prozent von ihnen sogar einen Erdzwilling in der habitablen Zone, wie Astronomen im Fachmagazin „Astrophysical Journal“ berichten.
Rote Zwerge sind kleiner, dunkler und kühler als unsere Sonne. Ein durchschnittlicher Roter Zwerg hat nur rund ein Drittel des Sonnendurchmessers und nur ein Tausendstel Mal so hell. Mit bloßem Auge sind selbst die uns am nächsten liegenden kosmischen Winzlinge am Nachthimmel daher nicht zu erkennen. Dafür allerdings trumpfen sie durch ihre schiere Menge: Drei Viertel aller Sterne in unserer Milchstraße gehört zu diesem Sternentyp – insgesamt schätzen Astronomen ihre Zahl auf 75 Milliarden.
Zwergensuche im Kepler-Katalog
Wie viele dieser kosmischen Zwerge Planeten besitzen, wollten Courtney Dressing vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge und ihre Kollegen genauer wissen. Sie durchforsteten dafür den Katalog aller 158.000 vom Weltraumteleskop Kepler ins Visier genommenen Sterne und suchten zunächst alle Roten Zwerge heraus. Dann analysierten sie erneut die Beobachtungsdaten für diese Sterne, um deren Größe und Temperaturen genauer zu bestimmen. Dabei stellten die Astronomen fest, dass fast alle Roten Zwerge kleiner und kühler waren als bisher angenommen.
Das aber hat Auswirkungen auch auf die um diese Roten Zwerge entdeckten Planeten, wie die Forscher erklären: Kepler macht Planeten um ferne Sterne ausfindig, indem er winzige Schwankungen in der Intensität ihres Sternenlichts erkennt. Diese entstehen, wenn ein Planet vor dem Stern vorüberzieht und dabei einen Teil seines Lichts schluckt. Aus dem Anteil des geschluckten Lichts lässt sich auch auf die Größe des Planeten relativ zu seinem Stern schließen. Ist nun der Stern kleiner als gedacht, schrumpft automatisch damit auch die zuvor angenommene Größe des Planeten.
Drei echte Erdzwillinge
In den Daten identifizierten die Astronomen 95 Planetenkandidaten, die um Rote Zwerge kreisen. Aus ihren Analysen ging hervor, dass sogar mindestens 60 Prozent der Roten Zwerge in der Milchstraße Planeten besitzen könnten, die kleiner sind als der Neptun – und damit in die Gruppe der Supererden und Erden fallen. Allerdings, so räumen die Forscher ein, haben die meisten die falsche Größe oder falsche Temperatur, um als echter, lebensfreundlicher Erdzwilling durchzugehen. Drei der entdeckten Exoplaneten aber könnten diese Bedingungen doch erfüllen. Sie haben zwischen 0,9 und 1,7 Erdgrößen und umkreisen ihren Stern in der habitablen Zone. Rechne man diesen Anteil hoch, bedeutet dies, dass immerhin sechs Prozent aller Roten Zwerge einen Erdzwilling besitzen könnten, meinen die Forscher.
„Damit kennen wir jetzt die Rate, in der lebensfreundliche Planeten um die häufigsten Sterne unserer Galaxie vorkommen“, sagt Koautor David Charbonneau vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. Sie zeige, dass es sehr viel leichter sein könnte, Leben außerhalb des Sonnensystems zu entdecken als bisher gedacht. Denn viele Rote Zwerge liegen nur wenige Lichtjahre von der Erde entfernt. „Wir dachten, wir müssten unendliche Weiten durchforsten, um einen erdähnlichen Planeten zu finden“, ergänzt Dressing. „Jetzt erkennen wir, dass sich ein Erdzwilling gut in unserem kosmischen Hinterhof verbergen könnte und möglicherweise nur darauf wartet, entdeckt zu werden.
Und noch ein Vorteil haben Rote Zwerge als Zentralsterne in einem Planetensystem: Weil ihr Lebenszyklus viel länger ist als der eines sonnenähnlichen Sterns, hätte das Leben auf einem ihrer Planeten viel mehr Zeit, sich zu entwickeln. „Wir könnten einen Erdzwilling finden, der zehn Milliarden Jahre alt ist“, spekuliert Charbonneau. Gebe es dort Organismen, könnte sie daher viel älter und weiter fortgeschritten sein als auf unserem, im Vergleich geradezu jugendlichen Heimatplaneten.
(Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA), 07.02.2013 – NPO)