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Technik

Handysignale als Regenmesser

Forscher nutzen Mobilfunk-Daten zur Erstellung einer Niederschlagskarte

Vergleich der mittels Mobilfunknetz (links) und Radar und Regenmessern erstellten Niederschlagskarte für die Niederlande am 10. September 2011. © PNAS

Das Mobilfunknetz kann mehr als nur Daten und Gespräche übertragen. Es eignet sich auch als Regenmesser. Wie das funktioniert, haben jetzt niederländische Forscher demonstriert. Sie nutzten die von den Anbietern gesammelten Daten zur Signalqualität, um daraus auf die im Bereich der Sendemasten fallende Regenmenge zu schließen. Und es klappte bestens: Die mit dieser Methode erstellten Karten waren nur wenig ungenauer als die herkömmlichen Niederschlagskarten, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

Genau zu messen, wie viel Regen fällt, ist nicht nur für den Wetterbericht wichtig, sondern auch für die Klimaforschung, die Vorhersage von Hochwasser und die Planung in der Landwirtschaft. Um die Niederschlagsmenge zu ermitteln, nutzen Meteorologen normalerweise Regenmesser – simple, standardisierte Gefäße, die das Regenwasser auffangen und deren Wasserstand zu bestimmten Zeiten elektronisch ausgelesen wird. Obwohl diese Instrumente nicht sonderlich aufwändig oder groß sind, gibt es selbst in hochindustrialisierten Regionen heute große Löcher im Regenmessnetz, wie Aart Overeem von der Universität Wageningen und seine Kollegen berichten. In Europa, Südamerika und Asien sei beispielsweise die Anzahl der Regenmesser seit 1989 um 50 Prozent zurückgegangen.

Regentropfen schlucken und streuen die Signale

Diese Sorgen haben Mobilfunknutzer und Betreiber dagegen nicht: Die Dichte der Handynetze steigt stetig. Schon heute decken sie mehr als 20 Prozent der gesamten Landoberfläche ab und sogar 90 Prozent der dichter besiedelten Gebiete. Doch diese Netze lassen sich auch für meteorologische Zwecke nutzen, wie die Forscher erklären. Denn die Handysignale durch elektromagnetische Wellen übertragen. Begegnen diese Wellen auf ihrem Weg von Funkmast zu Handy oder von Funkmast zu Funkmast Regentropfen, sinkt die Übertragungsqualität: „Die Regentropfen absorbieren einen Teil der Welle und streuen zusätzlich einen Teil der Energie aus dem Strahl“, erklären die Forscher. Je dichter der Niederschlag, desto stärker ist auch dieser Abschwächungseffekt.

Wie gut das Signal zu einer bestimmten Zeit in einem Gebiet ist, lässt sich leicht feststellen, denn die Mobilfunkbetreiber überwachen ständig die Übertragungsqualität ihrer Netze. In vielen Netzen wird alle 15 Minuten gemessen, wie stark die Signalstärke zwischen Antenne und Empfänger abnimmt, so die Wissenschaftler. Für ihre Studie werteten sie diese Daten zur Signalstärke von den drei großen Mobilfunkanbietern der Niederlande über zwei Wochen hinweg aus – und erfassten so immerhin rund 8.000 einzelne Funkstrecken. Über eine spezielle Software rechneten die Forscher die jeweilige Abnahme der Signalstärke in Niederschlagsmengen um. Dabei mussten sie unter anderem berücksichtigen, dass auch die nasse Oberfläche der Antennen bereits einen Teil der Mobilfunkwellen schluckt.

Die Karte zeigt die weltweite Mobilfunk-Netzabdeckung. © SXC

Fast so gut wie Radarkarten

Aus den Ergebnissen erstellten die Forscher animierte Karten, die die Niederschlagsentwicklung in den Niederlanden für jeweils 24 Stunden zeigten. Der Vergleich mit herkömmlichen, per Wetterradar und Regenmessern erstellten Karten zeigte: „Obwohl es kleinere lokale Unterschiede der Niederschlagsintensität zwischen Mobilfunk- und Radarkarte gibt, ist die Übereinstimmung insgesamt gut“, so Overeem und seine Kollegen. Vor allem, wenn man berücksichtige, dass das Mobilfunknetz ja eigentlich einem ganz anderen Zweck diene, sei die Qualität beachtlich.

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Nach Ansicht der Forscher könnte die Regenmessung per Mobilfunk überall dort eingesetzt werden, wo das Netz der Regenmesser nur dünn ist. „Vor allem an dicht besiedelten Flussdeltas, wo die Information über den Niederschlag wichtig ist, um die Hochwassergefahr einschätzen zu können, könnte dies wirtschaftliche Schäden und Todesfälle verhindern“, erklären sie. Es sei zu hoffen, dass diese Forschungsergebnisse Mobilfunkbetreiber weltweit dazu animieren, ihre Signalstärke-Daten für solche und ähnliche Messungen zur Verfügung zu stellen. (Proceedings of the National Academy of Science (PNAS), 2013; doi: 10.1073/pnas.1217961110)

(Proceedings of the National Academy of Sciences, 05.02.2013 – NPO)

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