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Astronomie

Rätsel der fehlenden Zwerggalaxien gelöst

Kosmische Zwerge verloren durch übermäßiges Rasen schon früh ihren Gasvorrat

Dieser Ausschnitt aus der CLUES-Simulation zeigt eine sehr schnelle Zwerggalaxie beim Durchqueren des lokalen kosmischen Netzes © Alejandro Benítez Llambay

Im Universum gibt es weniger Zwerggalaxien, als es der Theorie nach eigentlich geben dürfte. Jetzt haben Astronomen herausgefunden, wohin die kosmischen Zwerge verschwunden sind: Sie rasten in der Frühzeit des Universums so schnell durch kosmische Strukturen, dass sie dabei ihren Gasvorrat verloren. Weil die Zwerggalaxien dadurch kaum mehr neue Sterne produzieren konnten, seien sie heute praktisch nicht mehr sichtbar, wie die Forscher im Fachmagazin „Astrophysical Letters“ berichten.

Die hochpräzisen astronomischen Beobachtungskampagnen der letzten zwei Jahrzehnte haben gezeigt, dass unser Universum zu etwa 75 Prozent aus Dunkler Energie, zu 20 Prozent aus Dunkler Materie, und nur zu fünf Prozent aus normaler, direkt beobachtbarer Materie besteht. Mithilfe von Computer-Simulationen auf den größten Superrechnern konnten Astronomen auch demonstrieren, dass die Anzahl von Zwerggalaxien, also Galaxien mit nur einem Tausendstel der Masse der Milchstraße, in solch einem Universum sehr hoch sein sollte. Jedoch wurden bislang deutlich weniger Zwerggalaxien als erwartet beobachtet.

Die Forscher haben nun dieses Problem innerhalb des Projektes Constrained Local UniversE Simulations (CLUES) untersucht. Sie simulierten dafür die Bewegungen von Galaxien, die bis zu einige zehntausend Lichtjahre von der Milchstraße entfernt sind. „Hauptziel ist es, die Entwicklung der Lokalen Gruppe, also der Andromeda-Galaxie und der Milchstraße, sowie ihrer weniger massereichen Nachbarn zu simulieren“, erklärt Stefan Gottlöber vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP). Durch diesen simulierten Blick zurück wollten die Forscher herausfinden, welche Wechselbeziehungen im frühen Universum möglicherweise die Zwerggalaxien verschwinden ließen.

Kosmische Raser verlieren Gasvorrat

Bei der Auswertung der Simulation entdeckten die Astronomen, dass einige weit entfernte Zwerggalaxien der Lokalen Gruppe sich mit so hohen Geschwindigkeiten durch die kosmischen Strukturen bewegen, dass sie einen Großteil ihres Gases verlieren. Die Forscher nennen diesen Mechanismus daher „Cosmic Web Stripping“. Das Kosmische Netz beschreibt die großräumige Struktur des Universums als ein riesiges Netzwerk aus Filamenten und flachen, scheibenartigen Strukturen. „Diese Zwerge sind so schnell, dass ihr Gas sogar bei der Durchquerung extrem dünner Strukturen weggerissen wird“, so Erstautor Alejandro Benítez Llambay von der argentinischen Universidad Nacional de Córdoba.

Durch dieses „Stripping“ haben die Zwerggalaxien vermutlich bereits in der Frühzeit des Universums einen Großteil der in ihnen enthaltenen Gase verloren. Diese aber bilden normalerweise den Baustoff für neue Sterne. Durch die drastische Reduktion dieses Baustoffs ist daher vermutlich die

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Sternentstehung in diesen Zwerggalaxien schon vor einigen Milliarden Jahren stark abgesunken, wie die Forscher vermuten. Dadurch wären die Zwerge heute sehr sternenarm und praktisch nicht mehr beobachtbar. Dieser Prozess könne damit erklären, warum wir scheinbar viel zu wenige Zwerggalaxien im Kosmos finden, meinen die Astronomen. (Astrophysical Letters, 20132; doi:10.1088/2041-8205/763/2/L41)

(Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, 01.02.2013 – NPO)

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