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Astronomie

Jagd nach „dunkler Energie“

Warum das Universum wächst, anstatt zu schrumpfen, soll geklärt werden

Die Ausdehnungsgeschwindigkeit unseres Universums sollte sich wegen der Anziehungskraft der Milliarden von Galaxien in ihm eigentlich langsam verringern. Stattdessen dehnt sich das Universum immer schneller aus. Als Grund vermuten Astrophysiker eine geheimnisvolle „dunkle Energie“, die die Galaxien auseinander treibt. Ein neues Projekt an der Universität Bonn will dieser rätselhaften Energieform genauer nachgehen. Dazu blicken die Forscher mehr als fünf Milliarden Jahre in die Vergangenheit.

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Albert Einstein hat geschummelt: Seine Allgemeine Relativitätstheorie sagte voraus, dass das Universum entweder expandiert oder sich zusammenzieht. Zur Zeit des großen Physikers galt das All aber als statisch – eine Ungereimtheit, die Einstein dadurch beseitigte, dass er eine geheimnisvolle „kosmologische Konstante“ in seine Gleichung schmuggelte. Als Edwin Hubble später entdeckte, dass das Universum in der Tat expandiert, hat Einstein die Konstante dann zurückgezogen und sie angeblich als seinen „größten Irrtum“ bezeichnet.

Augenscheinlich voreilig: „Mittlerweile gibt es wieder eine Verwendung für die kosmologische Konstante“, schmunzelt Dr. Thomas Reiprich: „Sie kann die kürzlich gemachte Beobachtung erklären, dass sich das Universum mit immer größerer Geschwindigkeit ausdehnt.“ Eine weitere Ungereimtheit steht allerdings immer noch im Raum: Die Quantentheorie sagt zusammen mit der allgemeinen Relativitätstheorie voraus, dass das Weltall sich eigentlich noch viel schneller ausdehnen müsste, als es das tatsächlich tut. Die für sich genommen hervorragend funktionierenden wichtigsten physikalischen Theorien führen in diesem Punkt zusammen zu einem Widerspruch – das ist den Physikern natürlich ein Dorn im Auge.

Galaxien werden „gewogen“

Reiprich will mit seiner Arbeitsgruppe herausfinden, warum das so ist. Dazu konzentrieren sie sich auf die so genannten Galaxienhaufen, Ansammlungen von oft mehreren Tausend Galaxien. „Wir wollen herausfinden, wie viele Galaxienhaufen einer bestimmten Masse es in unserer Umgebung und in großer Entfernung gibt“, so der Bonner Astrophysiker. „Dazu untersuchen wir eine Stichprobe von etwa 60 Haufen in unserer Nähe“ – sprich: in einer Distanz von weniger als 700 Millionen Lichtjahren – „und vergleichen sie mit Galaxienhaufen, die etwa fünf Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind.“

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Eine Reise in die Vergangenheit: Die Signale, die sie von diesen entfernten Haufen empfangen, sind ebenfalls schon fünf Milliarden Jahre alt – schließlich bewegt sich nichts schneller als das Licht. Durch Röntgenmessungen und optische Beobachtungen können die Astrophysiker bestimmen, wie schwer die Galaxienhaufen sind. Der Vergleich der Anzahl junger und alter Haufen gleicher Masse erlaubt dann Rückschlüsse auf die Menge und Beschaffenheit der dunklen Energie im Universum. Ergänzt werden die Röntgenuntersuchungen, die auf Daten der Europäischen Raumfahrtagentur ESA und der NASA basieren, durch eine weitere Methode – den Gravitationslinseneffekt. Er erlaubt ebenfalls eine Abschätzung der Masse weit entfernter Galaxienhaufen.

Crash von Billiarden Sonnenmassen

Das Weltall interessiert Reiprich schon seit seiner Kindheit – „ich habe schon früher alles zu diesem Thema gelesen, was mir in die Hände fiel.“ Noch heute begeistern ihn die Dramen, die sich tagtäglich in unglaublicher Entfernung von der Erde abspielen. „Wenn zwei Galaxienhaufen miteinander verschmelzen, prallen Massen mit einem Gesamtgewicht von Billiarden Sonnen und einer Geschwindigkeit von mehr als Tausend Kilometern in der Sekunde aufeinander – das sind die energiereichsten Prozesse, die das Universum nach dem Urknall gesehen hat.“

(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 15.09.2004 – ESC)

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