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Medizin

Italienische Einwanderer leben länger

Migranten der ersten Generation profitieren von Vorteilen des mediterranen Lebensstils

Mediterrane Küche gilt als besonders gesund © SXC

Die Vorteile des mediterranen Lebensstils halten sich auch dann, wenn Italiener in ein weiter nördlich liegendes Land auswandern. Das belegt eine Studie schweizerischer Forscher. Demnach leben in die Schweiz eingewanderte Italienerinnen und Italiener länger als Einheimische. Schon bei der zweiten Migrantengeneration kehrt sich dies jedoch um: Da die Kinder der Einwanderer den Lebensstil des Gastlandes übernehmen und zudem meist schlechtere Bildungschancen haben als die Schweizer, ist ihr Sterberisiko sogar höher, wie die Forscher im Fachmagazin „BMC Public Health“ berichten.

Einwanderer aus Italien und ihre Nachkommen bilden eine der größten Bevölkerungsgruppen in der Schweiz. Trotzdem gibt es bisher kaum Studien über ihren Gesundheitszustand und ihr Sterberisiko. Silvan Tarnutzer und Matthias Bopp vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich haben nun erstmals für die Schweiz diese Daten gesammelt und ausgewertet. Sie nutzten dafür Daten aus dem sogenannten Swiss National Cohort, einer Verknüpfung von Informationen aus der Volkszählung des Jahres 1990, dem schweizerischen Sterberegister und dem Ausländerregister der Jahre 1990 bis 2008.

Mediterraner Lebensstil und Auslese beim Auswandern

Das Ergebnis der Studie: Verglichen mit in der Schweiz geborenen Schweizern haben eingewanderte Italienerinnen und Italiener ein rund zehn Prozent geringeres Sterberisiko. Vor allem bei jüngeren Männern schneiden Italiener deutlich besser ab als Schweizer, im hohen Alter werden diese Unterschiede dann immer geringer. Auf den ersten Blick erstaunt dieser Befund, denn oft verfügen italienische Einwanderer nur über eine niedrige schulische Bildung und unterdurchschnittliches Einkommen, wie die Forscher berichten. Beides sind Faktoren, die mit höheren Sterberisiken – beispielsweise durch Krankheiten oder Unfälle – in Zusammenhang gebracht werden. In die gleiche Richtung wirken auch die, verglichen mit der Schweiz, stärkere Verbreitung von Rauchen und Übergewicht in Italien sowie die schlechtere Beurteilung der eigenen Gesundheit.

Dem gegenüber steht der mediterrane Ernährungsstil. Denn gerade in Italien essen die Menschen mehr Fisch, Obst, Gemüse und Olivenöl und nehmen damit meist weniger Kalorien und gesättigte Fette zu sich. Außerdem profitieren sie meist von einer ausgeprägteren sozialen Vernetzung – der Zusammenhalt der italienischen Familien ist nicht umsonst sprichwörtlich. Diese Faktoren scheinen die Nachteile zum Teil ausgleichen zu können – jedenfalls bei einigen: Erstautor Silvan Tarnutzer geht davon aus, dass die niedrigeren Sterberisiken hauptsächlich dem sogenannten „healthy migrant effect“ zugeschrieben werden können. Darunter versteht man, dass oft besonders gesunde und mutige Menschen migrieren, Schwächere und Kranke sich gar nicht erst nach einer Arbeit im Ausland umsehen oder im Krankheitsfall wieder ins Ursprungsland zurückkehren.

Nachkommen verlieren den Startvorteil

Bei den in der Schweiz geborenen Nachkommen der Migranten fällt dieser Startvorteil allerdings weg, wie die Studie zeigte. Stattdessen beeinflusst nun der Lebensstil des Gastlandes die Italiener späterer Generationen während ihrer persönlichen Entwicklung. Sie entfernen sich vom gesundheitsbegünstigenden südländischen Lebensstil und vom engen familiären Netz. So zeigen in der Schweiz geborene Italiener ein 16 Prozent höheres Sterberisiko als Einheimische. „Vermutlich als Folge einer doppelten Belastung durch schlechtere Bildungschancen und einen ungünstigen Lebensstil“, sagt Koautor Matthias Bopp.

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Interessanterweise scheinen die Frauen von dieser ungünstigen Risikokonstellation weniger betroffen. „Die männlichen Nachkommen von italienischen Einwanderern stellen aufgrund ihrer großen Zahl und ihres durchschnittlich eher niedrigen Alters eine besondere Zielgruppe für Prävention und Gesundheitsförderung dar“, schließt Tarnutzer. (BMC Public Health; doi:10.1186/1471-2458-12-1104)

(Universität Zürich, 07.01.2013 – NPO)

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