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Biologie

Feuerkäfer: Frostschutz-Meister durch Fernwirkung

Frostschutz-Protein hemmt Eiskristallbildung auch ohne direkten Kontakt

Feuerkäferlarve und ihr Frostschutzprotein: Das Protein (blau) der Feuerkäfer-Larve verändert an der Eisbindungsfläche mit Threonin-Seitenketten (grün) die Dynamik des Wassers. © Konrad Meister

Der Feuerkäfer Dendroides canadensis ist extrem kälteresistent: Seine Larve kann Temperaturen von bis zu minus 30 Grad Celsius trotzen, ohne dass ihre Körperflüssigkeiten gefrieren. Wie sie dies schafft, hat jetzt ein deutsch-amerikanisches Forscherteam herausgefunden. Ein spezielles Frostschutz-Protein wirkt nicht nur auf Wassermoleküle in der unmittelbaren Umgebung, sondern entfaltet sogar eine Art Fernwirkung. Dies verhindert die Bildung von Eiskristallen, wie die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

Bestimmte Pflanzen und Tiere schützen sich mit Frostschutzproteinen vor Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Diese Eiweiße ermöglichen es beispielsweise arktischen Fischen, im kalten Polarmeer zu überwintern und auch viele Insekten nutzen diese chemischen Schutzmechanismen, um zu verhindern, dass sich Eiskristalle in ihren Zellen bilden und diese zerstören. Wie die Larve des Feuerkäfers Dendroides canadensis es schafft, sogar Temperaturen bis zu minus 30 Grad Celsius zu überstehen, haben nun Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gemeinsam mit US-amerikanischen Kollegen aufgeklärt.

Fernwirkung über Wassermoleküle

Die Struktur der Feuerkäfer-Frostschutzproteine ähnelt einem dreieckigen Prisma. Die Eisbindungsfläche dieses „Prismas“ enthält viele freistehende Seitenketten, da die Reste der Aminosäure Threonin hier aus der Oberfläche ragen. An diese Reste binden Eiskristalle. Bislang ging man davon aus, dass die Frostschutz-Proteine nur lokal mit den winzigen, gerade entstehenden Eiskristallen interagieren und so verhindern, dass sich größere Kristalle bilden. Die internationale Forschergruppe zeigte nun jedoch, dass die Proteine über die Wassermoleküle auch über größere Distanz auf Eiskristalle wirken und so zum Gefrierschutz beitragen.

In der Nähe der Eisbindungsfläche beobachteten die Wissenschaftler eine deutlich verlangsamte Bewegung der Wassermoleküle. Sie unterschied sich signifikant von den Wasserbewegungen an den nicht-eisbindenden Seiten des Proteins sowie des freien Wassers. Je tiefer die Temperatur, desto langsamer war die Wasserbewegung. „Wir vermuten, dass die beruhigte Wasserbewegung an der Bindungsfläche des Proteins das Andocken der Nanoeiskristalle erleichtert“, spekuliert Studienleiterin Martina Havenith von der RUB. Dazu passt, dass die Forscher in einer inaktiven Mutante des Antifreeze-Proteins kaum verlangsamte Wasserbewegung fanden.

Effizienter als bei Fischen

Die Gefrierschutzproteine des Feuerkäfers sind zehn bis hundert Mal aktiver als die von arktischen und antarktischen Fischen, die sich nur gegen Temperaturen von minus 1,9 Grad Celsius schützen müssen. Diese hohe Gefrierschutzaktivität erreichen die Insekten durch die Kombination der zwei Strategien: direkte Interaktion zwischen Proteinen und Eis und Interaktion über Wassermoleküle.

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„Die besondere Rolle des Wassers beim natürlichen Frostschutz ist ein exzellentes Beispiel dafür, dass man bei der Betrachtung der Funktion eines Biomoleküls nicht nur seine 3D-Struktur, sondern seine gesamte Umgebung berücksichtigen muss – insbesondere das Lösungsmittel, in diesem Fall Wasser“, sagt Havenith. (PNAS, DOI: 10.1073/pnas.1214911110)

(Ruhr-Universität Bochum, 02.01.2013 – NPO)

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