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Zoologie

Weihnachtskarpfen mit Magnetsinn

Eingebauter Kompass hilft Fischen bei der Ausrichtung in Nord-Süd-Richtung.

Karpfen in einem Becken in Prag © Karelj / gemeinfrei

Nicht nur Zugvögel oder Lachse, auch der einfache Karpfen hat offenbar einen eingebauten Kompass: Er zieht keinesfalls orientierungslos seine Bahnen, sondern richtet sich am Magnetfeld der Erde aus. Karpfen in einem Bottich oder anderen Behälter bevorzugen dabei eindeutig die Nord-Süd-Richtung, wie Forscher auf einem tschechischen Weihnachtsmarkt herausfanden. Bisher sei ein Magnetsinn für diese Fischart nicht bekannt gewesen, berichten sie in der Fachzeitschrift „PLoS ONE“.

Mit Kartoffeln und Meerrettich, dampfgegart oder aus dem Bräter: zu Weihnachten landen traditionell wieder viele Karpfen auf der Festtafel. Im Gegensatz zu den meisten anderen Fischen werden sie selten schon nach dem Fang getötet oder gar filettiert, sondern bleiben bis zum Kauf lebenig. Sie werden meist in großen Becken oder Bottichen gehalten und erst getötet, wenn ein Kunde sie erwirbt. Diese „Vorratshaltung“ haben nun Zoologen der Universität Duisburg-Essen (UDE) gemeinsam mit Kollegen aus Prag für ein großangelegtes Experiment genutzt und die Körperausrichtung der Fische untersucht.

Nord-Süd-Richtung bevorzugt

Als Versuchsorte dienten den Forschern die tschechischen Fischmärkte im Advent. Hier werden jedes Jahr bis zu sechs Millionen Karpfen aus großen Bottichen verkauft – was einem halben Fisch pro Kopf entspricht. Mehr als 14.000 Fischen haben die Forscher ganz genau auf die Flossen geschaut: „An 30 verschiedenen Orten wurden rund 700 Fotos erfasst, vermessen und analysiert“, erklärt Hynek Burda den aufwändigen Versuch. Die Aufnahmen zeigten, dass die Karpfen ihre Körperachse tendenziell nordsüdlich ausrichten, selbst auf engstem Raum.

Der Blick in den Bottich beweist es: Die Karpfen sind nicht zufällig verteilt, sondern stehen vorwiegend in Nord-Süd-Richtung im Wasser. © Vlastimil Hart

Inspirieren ließen sich die Autoren von ihren früheren Arbeiten zu Kühen, Hirschen und jagenden Füchsen. Anhand von Satellitenbildern und Naturbeobachtungen konnten sie bereits belegen, dass alle die Nord-Süd-Ausrichtung bevorzugen. Und jetzt schwimmt auch der Karpfen in diese Lieblingsrichtung. „Weder die Wasserströmung, das Licht oder andere Faktoren, die berücksichtigt wurden, können das begründen“, sagt Burda. Die Magnetfeldwahrnehmung sei die einfachste und zugleich einzige Erklärung.

Was dieses Verhalten bedeutet, können die Forscher nur spekulieren: Die Magnetausrichtung könnte das Wohlbefinden der Fische positiv beeinflussen oder die Bewegungen im Schwarm synchronisieren. „Auf jeden Fall wird damit deutlich, dass die Magnetorezeption nicht nur bei Langstreckenwanderungen eingesetzt wird, sondern auch im Alltagsleben“, sagt Burda. Mit dem Karpfen, einem robusten Fisch, haben die Zoologen nun ein neues Tier, um den Magnetsinn weiter zu erforschen (doi: 10.1371/journal.pone.0051100).

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(PLoS ONE, 10.12.2012 – NPO)

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