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Geowissen

Astronomen entdecken bisher massereichstes Schwarzes Loch

Schwerkraft-Gigant in winziger Galaxie ist größer als die gängige Theorie erlaubt

Im Zentrum der Scheibengalaxie NGC 1277 sitzt mit 17 Milliarden Sonnenmassen eines der gewichtigsten schwarzen Löcher, das jemals gefunden wurde. © ASA / ESA / Andrew C. Fabian / Remco C. van den Bosch (MPIA)

Astronomen haben das wahrscheinlich massereichste Schwarze Loch entdeckt. Der Schwerkraft-Gigant sitzt im Herzen der kleinen elliptischen Galaxie NGC 1277 und vereint 17 Milliarden Sonnenmassen auf sich – 14 Prozent der Gesamtmasse seiner Muttergalaxie. Das sei mehr als jemals zuvor beobachtet. Nach gängiger Theorie dürfe ein Schwarzes Loch dieser Größenordnung nur in einer sehr viel größeren und schwereren Galaxie vorkommen, berichten die deutschen und US-amerikanischen Forscher im Fachmagazin „Nature“. „Die Galaxie NGC 1277 ist ein echter Sonderling – sie besteht fast nur aus Schwarzem Loch“, sagt Karl Gebhardt von der University of Texas in Austin, einer der Autoren. Ob es sich bei diesem und fünf weiteren, ebenfalls ungewöhnlichen Objekten um Ausreißer handelt, oder ob die Theorien zur Galaxienbildung geändert werden müssen, sollen nun weitere Untersuchungen zeigen.

Nach heutigem Wissensstand sitzt im Zentrum fast jeder Galaxie ein Schwarzes Loch. Dessen Masse reicht von einigen hunderttausend bis zu wenigen Milliarden Sonnenmassen. Das am besten untersuchte Exemplar mit rund vier Millionen Sonnenmassen lauert im Zentrum unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. „Beobachtungen haben gezeigt, dass die Masse dieser Schwarzen Löcher typischerweise rund 0,1 Prozent der Masse der Zentralbeule der Galaxie entspricht“, erklären Remco van den Bosch vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg und seine Kollegen. In der Zentralbeule, dem sogenannten Bulge, sitzen die meisten Sterne einer Galaxie. Je größer und schwerer eine solche Sternenansammlung, desto massereicher muss nach gängiger Lehrmeinung auch das Schwarze Loch in seinem Zentrum sein. Die neuen Beobachtungen der Galaxie NGC 1277 widersprechen dem jedoch.

Galaxienlicht verrät Schwerkraftwirkung des Schwarzen Lochs

Für ihre Studie hatten die Astronomen 700 nahegelegene Galaxien mit dem Hobby-Eberly-Teleskop am texanischen McDonald-Observatorium untersucht. Das in 1.980 Metern Höhe auf dem Mount Fowlkes stehende Teleskop ist besonders gut dafür geeignet, das Licht von Galaxien spektroskopisch zu analysieren. Aus dem Lichtspektrum können die Astronomen Rückschlüsse darauf ziehen, wie schnell sich die Sterne im Zentrum einer Galaxie bewegen – und diese Bewegung hängt direkt von der Schwerkraft und damit der Masse des dort sitzenden Schwarzen Lochs ab. Je massereicher das schwarze Loch, desto schneller kreisen die Sterne um das galaktische Zentrum.

Die elliptische Galaxie NGC 1277 (Pfeil) liegt 250 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Perseus-Galaxienhaufen. © David W. Hogg, Michael Blanton und the SDSS Collaboration

Anhand der Lichtspektren identifizierten die Astronomen sechs Galaxien, die eher klein und kompakt sind, aber ungewöhnlich massereiche Schwarze Löcher besitzen. Für eine davon, die Scheibengalaxie NGC 1277, existierten hochauflösende Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble. Dies ermöglichte es den Forschern, die Eigenschaften der Galaxie und seines Schwarzen Lochs genauer zu analysieren. Das Ergebnis: Das Schwarze Loch im Zentrum von NGC 1277 umfasst rund 17 Milliarden Sonnenmassen, die gesamte Galaxie wiegt aber nur rund 120 Sonnenmassen. Damit macht das Schwarze Loch 14 Prozent der Galaxienmasse und sogar 59 Prozent der Masse aller Sterne in der Zentralbeule von NGC 1277 aus, wie die Forscher berichten.

Ein Grund für diese Besonderheit könnte nach Ansicht der Astronomen damit zusammenhängen, dass die Galaxie NGC 1277 bereits relativ alt ist: „Ihre Sterne entstanden schon vor acht Milliarden Jahren und es gibt auch keine Anzeichen für eine seither stattgefundene Sternenbildung“, schreiben van den Bosch und seine Kollegen. Auch das Schwarze Loch stamme daher wahrscheinlich aus dieser frühen Ära. Möglicherweise hänge die ungewöhnliche Masseverteilung damit zusammen. Genauere Beobachtungen der anderen fünf möglicherweise ähnlichen Galaxien soll darüber näheren Aufschluss geben (doi:10.1038/nature11592).

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(Nature, 29.11.2012 – NPO)

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