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Biologie

Bei Verkehrslärm zirpen Grashüpfer höher

Männchen passen ihre Balzgesänge der Umgebungslautstärke an

Männlicher Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) an einem Grashalm sitzend. © Ulrike Lampe

Der Verkehrslärm verändert den Balzgesang von Grashüpfern: Männchen, die an lauten, vielbefahrenen Straßen sitzen, zirpen die tieferen Passagen ihrer Strophen höher. Gerade diese Tonlagen würden sonst durch den Verkehrslärm verschluckt. Das haben Forscher der Universität Bielefeld bei Untersuchungen am Nachtigall-Grashüpfer festgestellt, einer in Mitteleuropa sehr häufigen Heuschreckenart. Dass Vögel ihre Gesänge in lauten Umgebungen verändern, ist schon seit einiger Zeit bekannt. Dies sei nun der erste Beleg für eine solche Anpassung bei einem Insekt, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Functional Ecology“.

„Der vom Menschen verursachte Lärm beeinträchtigt zunehmend die akustische Kommunikation von Tierarten in ihren natürlichen Lebensräumen“, schreiben Ulrike Lampe und ihre Kollegen von der Universität Bielefeld. Bei den Grashüpfern ist der Gesang ein wichtiger Teil des Paarungsverhaltens: Die Männchen erzeugen ihn, indem sie mit ihren Hinterbeinen über eine hervorstehende Ader ihres Flügels streichen und locken so Weibchen an.

Erst ticken, dann summendes Zirpen

„Nachtigall-Grashüpfer erzeugen Gesänge, die aus tiefen und höheren Frequenzkomponenten bestehen“, erklärt Erstautorin Lampe. Typischerweise dauere eine Strophe eines solchen Gesangs zwei bis drei Sekunden und bestehe aus schneller werdenden Tick- und Zirpgeräuschen. Die Zusammensetzung der Strophen und die Art, wie sie vorgetragen werden, helfen den Weibchen dabei, einen passenden, zur gleichen Art gehörenden Partner zu finden.

Nach Ansicht der Forscher könnte zunehmender Verkehrslärm langfristig Folgen für das Paarungsverhalten der Grashüpfer haben – trotz der jetzt festgestellten Anpassungen. „Die Weibchen könnten bei zunehmendem Lärm die männlichen Balzgesänge nicht mehr richtig hören und so die Männchen ihrer eigenen Art nicht mehr erkennen“, sagt Lampe. Der veränderte Gesang könnte es den Weibchen zudem erschweren, am Zirpen einzuschätzen, ob ein Männchen attraktiv sei oder nicht.

Tiefe Töne nach oben verschoben

Männlicher Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) von vorn gesehen. © Ulrike Lampe

Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler 188 männliche Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) eingefangen und ihre Gesänge im Labor aufgezeichnet und verglichen. Die Hälfte der Tiere stammte aus ruhigen Gegenden, die andere aus dem Grasstreifen entlang stark befahrener Straßen. Beim Vergleich von insgesamt fast tausend Gesangsaufnahmen fanden die Forscher deutliche Unterschiede: Die Grashüpfer vom Straßenrand verschoben vor allem die tieferen Töne ihrer Strophen in einen höheren Frequenzbereich. „Das ergibt einen Sinn, denn der Verkehrslärm überdeckt die Signale im tiefen Teil des Frequenzbereichs besonders stark“, erklärt Lampe. Bei den höheren Tönen habe es dagegen kaum Unterschiede gegeben.

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Im nächsten Schritt wollen die Forscher nun klären, ob die Grashüpfer ihre Gesänge spontan an den Lärmpegel ihrer Umgebung anpassen. Möglich wäre aber auch, dass der Lärm im Laufe der Generationen bereits genetische Spuren hinterlassen hat. Das veränderte Gesangsverhalten wäre dann im Erbgut der Männchen aus lauten Habitaten verankert, ihre Gene müssten sich dann von denen der Männchen aus leiseren Standorten unterscheiden “ (doi: 10.1111/1365-2435.12000).

(Functional Ecology, 14.11.2012 – NPO)

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