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Neurobiologie

Forscher ermitteln den Ablauf eines perfekten Tages

Viel Abwechslung macht glücklicher als Dauerentspannung

Diese Grafik zeigt, wie viele Minuten verschiedene Tätigkeiten in einem perfekten Tag einnehmen würden. © Jacobs University Bremen

Der perfekte Tag ist vor allem eins: abwechslungsreich: 106 Minuten für die intime Beziehung, 68 Minuten Sport, 75 Minuten Essen – vor allem der häufige Wechsel macht offenbar glücklich. Das zumindest haben ein deutscher und ein US-amerikanischer Forscher in einer Studie festgestellt. Sie hatten dafür Daten einer ausführlichen Befragung von 909 berufstätigen Frauen ausgewertet. In dieser sollten diese angeben, wie viel Zeit sie am vergangenen Tag mit verschiedenen Aktivitäten zugebracht hatten und wie angenehm sie diese empfanden. Aus diesen Daten habe man nun erstmals ermittelt, wie viele Minuten ein Mensch an einem für ihn perfekten Tag mit verschiedenen Tätigkeiten verbringen würde, berichten die Forscher im Fachmagazin „Journal of Economic Psychology“. Dass dieses Ergebnis nicht nur für Frauen gilt, zeigte eine ergänzende Auswertung für eine gemischte Gruppe. Zwar beinhalte der Tag bei Männern teilweise andere Aktivitäten, aber das zeitliche Grundmuster stimme bei beiden Geschlechtern überein, sagen die Wissenschaftler.

„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass sich die befragten Frauen am wohlsten fühlen, wenn sie Zeit mit ihrem Partner, mit Freunden oder mit Entspannung verbringen“, erklären Christian Kroll von der Jacobs University Bremen und Sebastian Pokutta vom Georgia Institute of Technology. Auffallend sei aber, dass diese positiven Dinge keineswegs den Großteil des Tages einnehmen. Stattdessen seien alle Aktivitäten nahezu in gleicher Länge über den Tag verteilt.

8 Minuten Entspannung und 57 Minuten Telefonieren

So gehörten in den perfekten Tag ein Mittagsschlaf von 46 Minuten, 55 Minuten Fernsehen, 78 Minuten der Entspannung und 73 des Gebets oder der Meditation. Soziale Kontakte machten 82 Minuten aus, Telefonieren 57 Minuten und Zeit mit den Kindern 46 Minuten. Die den einzelnen Tätigkeiten zugeordneten Zeitabschnitte unterschieden sich dabei im Durchschnitt nur um knapp 20 Minuten.

Der Grund dafür sei eine Art Abnutzungs- oder Gewöhnungseffekt: „Grob könnte man sagen: Das Vergnügen in der ersten Stunde einer Aktivität ist größer als das nach drei Stunden derselben Aktivität“, sagen die Forscher. So könne ein Einkaufsbummel in der ersten Stunde viel Spaß machen, nach fünf Stunden verliere aber auch er seinen Reiz. Gleichzeitig seien manche Aktivitäten gerade attraktiv weil man so selten dazu komme.

Aber auch potenziell weniger angenehme Dinge wie Arbeit (36 Minuten), Hausarbeit (47 Minuten), oder das Pendeln zur Arbeit (33 Minuten) wurden von den Frauen in ihrem Tag untergebracht. „Das mag viele verwundern, liegt aber daran, dass der Ausgangspunkt für unsere Studie ein tatsächlicher Arbeitstag war“, erklären die Forscher. Es ging darum, die an einem normalen Tag anfallenden Tätigkeiten optimal einzuteilen, nicht einen idealen Tag von Null zu konstruieren.

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Im Alltag kaum realisierbar

„Der Unterschied zwischen der Art, wie die Menschen tatsächlich ihren Tag verbringen und wie sie einen perfekten Tag verbringen würden zeigt, dass es viele Zwänge gibt, die dies verhindern“, schreiben die Forscher. Mit nur 36 Minuten Arbeit pro Tag könne kaum jemand seinen Lebensunterhalt bestreiten, daher sei der errechnete perfekte Tag beispielsweise eher an einem Sonntag realisierbar als an einem Montag.

Der jetzt ermittelte Zeitplan eines perfekten Tages ist aber auch kein Rezept, das man Punkt für Punkt befolgen sollte, betonen die Forscher. Denn das strikte Befolgen des errechneten Zeitplans mit einer Stoppuhr könne eher in mehr Stress als in mehr Zufriedenheit enden. Aber, so Hauptautor und Glücksforscher Kroll, „die Studie ist ein wissenschaftlich fundiertes Gedankenexperiment, das Aufschluss darüber gibt, welche Prioritäten Menschen setzen würden, um mehr Wohlbefinden zu erreichen, hätten sie die Freiheit ihren Tag selbst zu gestalten.“ (doi:10.1016/j.joep.2012.09.015)

(Journal of Economic Psychology, 30.10.2012 – NPO)

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