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Medizin

Bakterienprodukt hemmt Tumorzellen

Zufallsfund bei Bodenbakterien könnte zu neuen Krebsmedikamenten führen

Eine Kolonie des Myxobakteriums Sorangium cellulosum, dem Produzenten von Eliamid. © HZI / Gerth

Der Naturstoff Eliamid kann das Wachstum von Krebszellen hemmen – zumindest im Reagenzglas. Das haben Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) quasi durch Zufall entdeckt. Die von Bodenbakterien hergestellte Substanz hemmt die Vermehrung von Zellen von Gebärmutterhalskrebs und auch von Lymphknotengeschwüren, ist dabei aber kaum giftig. Daher könnte sie sich für die Entwicklung neuer Krebsmedikamente eignen, wie die Forscher im Fachmagazin „Chemistry – A European Journal“ berichten.

Manche Infektionskrankheiten verursachen als Spätfolge Krebs. So ist zum Beispiel das Hepatitis B-Virus ein häufiger Auslöser von Leberkrebs. Die Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Viren wie dem Humanen Papillomavirus und der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs wurde im Jahr 2008 mit dem Nobelpreis für Medizin und Physiologie gewürdigt. Und obwohl Impfungen wirksam vor diesen beiden Erregern und ihren Folgen schützen können, besteht nach wie vor der Bedarf an Wirkstoffen gegen diese und andere Krebsformen. Das jetzt beschriebene Eliamid ist genau dafür ein potentieller Kandidat: Bei der Untersuchung der biologischen Aktivität fiel es durch seine wachstumshemmende Wirkung gegen verschiedene Krebszelllinien auf.

Das im Erdreich vorkommende Bakterium Sorangium cellulosum gehört zur Ordnung der Myxobakterien. Myxobakterien produzieren eine Vielzahl von sogenannten Sekundärmetaboliten. Das sind Stoffe, die für die Bakterien nicht direkt lebensnotwendig sind, ihnen aber mitunter einen Vorteil gegenüber konkurrierenden Arten in ihrem Lebensraum verschaffen. Deshalb haben einige dieser Substanzen einen antibiotischen Effekt, andere sind für die Tumor-Therapie geeignet.

Zufallsfund bei der Suche nach neuen Pilzmitteln

Die möglicherweise krebshemmende Wirkung des von Sorangium produzierten Eliamids entdeckten Evgeny Prusov und seine Kollegen quasi nebenbei: „Eigentlich waren wir auf der Suche nach neuen Wirkstoffen gegen Pilzinfektionen“, sagt Klaus Gerth, einer der Ko-Autoren der Studie. „Eliamid fanden wir bei der Analyse von zwei Sorangium cellulosum-Stämmmen, die Substanzen gegen Pilze produzieren.“ Bei der genaueren Charakterisierung des Naturstoffes zeigte sich aber: Eliamid hemmt die Vermehrung von Zellen von Gebärmutterhalskrebs und auch von Lymphknotengeschwüren im Reagenzglas, weist dabei aber nur eine vergleichsweise geringe Toxizität auf.

Bevor Eliamid möglicherweise Krebspatienten helfen kann, wird es allerdings noch etliche Jahre dauern. „Die Weiterentwicklung eines Naturstoffes zu einem Medikament ist langwierig“, sagt Prusov. „Wir wollen zunächst selbst mit Eliamid weiterarbeiten und Derivate herstellen“. Das sind leicht abgewandelte Varianten, die eine verbesserte Wirkung haben könnten. Die weiteren Schritte zu einem ausgereiften Medikament würde dann ein pharmazeutisches Unternehmen bestreiten, für ein Forschungsinstitut ist dies zu aufwändig und zu kostspielig. Aber Evgeny Prusov ist zuversichtlich: „Wenn das von uns beschriebene Eliamid einmal kranken Menschen helfen könnte, wäre das ein besonderer Erfolg unserer Forschung.“

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(Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, 03.09.2012 – NPO)

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