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Medizin

Energiehaushalt der Mutter bestimmt Dauer der Schwangerschaft

Zeitpunkt der Geburt hängt offenbar nicht vom begrenzten Beckenumfang ab

Die Dauer der Schwangerschaft wird durch die körperliche Leistung begrenzt, die eine Mutter aufbringen kann. Darauf weist eine Analyse US-amerikanischer Forscher hin, die aktuelle Studienergebnisse zusammenfasst. Die Wissenschaftler analysierten unter anderem Studien zum Energiehaushalt von schwangeren Frauen. Es zeigte sich, dass die Babys in der Tat dann zur Welt kamen, wenn sie so groß waren, dass die Mutter nicht mehr genug Energie für ihren Körper und den des Kindes aufbringen konnte, berichten die Forscher im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“. Für die bis heute verbreitete Theorie, dass bei Menschen vor allem die Größe des Geburtskanals für den Zeitpunkt der Geburt ausschlaggebend ist, fanden die Wissenschaftler hingegen keine aussagekräftigen Belege.

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Zwei Merkmale unterscheiden Menschen von anderen Lebewesen: Das große Gehirn sowie die Fähigkeit, aufrecht zu gehen. Als Folge des großen Gehirns haben bereits Babys einen relativ dicken Kopf, der sich bei der Geburt durch den Geburtskanal zwängen muss. Das Kind müsse also zur Welt kommen, bevor der Kopf zu groß wird, erklärt Studienleiterin Holly Dunsworth von der University of Rhode Island. Zugleich nahm man bislang an, dass das Becken des Menschen nur eine bestimmte Größe erreichen könne, damit das Gehen auf zwei Beinen noch möglich ist. Die gängige Theorie lautete also, dass dieser Zusammenhang der Grund dafür sei, dass Menschen ihre Kinder bereits zur Welt bringen, wenn diese noch relativ hilflos im Vergleich zu den Nachkommen anderer Primaten sind.

Frauen laufen auch mit breiten Hüften gut

„Die Hypothese des eingeschränkten Geburtskanals wird seit Jahrzehnten an Universitäten gelehrt“, sagt Dunsworth. Als sie und ihr Team jedoch nach eindeutigen Belegen dafür suchten, wurden sie enttäuscht. Ihre Analyse aktueller Studienergebnisse zeigte vielmehr: Der Bewegungsablauf von Frauen mit breiteren Hüften ist auch nicht weniger ökonomisch als jener von schmaler gebauten Personen.

Um eine alternative Erklärung zu finden, gingen die Wissenschaftler einen Schritt zurück. Anstatt auf die Besonderheiten des Menschen zu blicken, griffen sie auf grundlegende Erkenntnisse zurück, wonach die Dauer der Schwangerschaft bei Säugetieren im Allgemeinen vom Energieumsatz abhängt, den ein Lebewesen aufbringen kann. Dem folgend analysierten sie die Stoffwechselrate von Schwangeren – also den Energieumsatz, den Schwangere am Tag leisten. Das Ergebnis war: Die Mütter gebaren ihre Babys gerade noch rechtzeitig, bevor sie ihre Leistungsgrenze erreichten. Diese Grenze liege üblicherweise bei dem Zwei- bis Zweieinhalbfachen der Energie, die der Körper im Ruhezustand verbraucht, schreiben die Wissenschaftler.

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Ihre Analyse weise klar darauf hin, dass die gängige Theorie des Geburtskanals überholt sei, betonen die Forscher. Durch die genaue Erforschung des mütterlichen Stoffwechsels und dessen Auswirkungen auf die Dauer der Schwangerschaft könne die Entwicklung des Kindes im Mutterleib nun noch besser verstanden werden. (doi: 10.1073/pnas.1205282109)

(Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 28.08.2012 – INR)

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