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Evolution

Kambrium-Wurm überlebte 200 Millionen Jahre länger

Forscher entdecken jüngstes Fossil eines langbeinigen Lobopoden

3D-Rekonstruktion des neu entdeckten, 200 Millionen Jahre alten langbeinigen Lobopoden, Carbotubulus waloszeki. © Cell Press / Elsevier

In einem Museum hat ein internationales Forscherteam einen erstaunlichen Fund gemacht: Sie stießen auf das bisher jüngste Fossil eines wurmartigen Vorfahren unserer Gliedertiere. Der Lobopode mit seinen vielen schlauchartigen Beinen ist 300 Millionen Jahre alt – und hat damit 200 Millionen Jahre länger überlebt als bisher angenommen. Wie die Forscher im Fachmagazin „Current Biology“ berichten, deutet dies auch darauf hin, dass am Ende des Kambrium vor 500 Millionen Jahren weniger Tierformen ausgestorben sein könnten als bisher angenommen.

Lobopoden gab es bereits vor 500 Millionen Jahren. Unter ihren frühen Vertretern befanden sich auch die Vorfahren der heute erfolgreichsten Tiergruppe überhaupt, der Gliederfüßer, zu denen heute Spinnentiere, Insekten, Tausendfüßer und Krebse gehören. Im Kambrium und kurz danach existierten zwei Erscheinungsformen der Lobopoden: mit kurzen konischen Beinen und mit langen schlauchförmigen Beinen. Die heutigen Stummelfüßer (Onychophora) und Bärtierchen (Tardigrada) sind die direkten Nachfahren der kurzbeinigen Lobopoden. Die langbeinigen Vertreter des zweiten Typus schienen aber nach bisherigen Erkenntnissen vor etwa 500 Millionen Jahren ausgestorben zu sein.

In den vergangenen Jahren deutet sich aber an, dass zumindest einige der bizarren Baupläne von Organismen des Kambrium doch nicht mit dem Ende dieses Erdzeitalters verschwanden. So fanden sich Körperformen, wie man sie fürs Kambrium für typisch hielt, etwa noch in Erdschichten aus dem Ordovizium vor 480 Millionen Jahren oder dem Devon vor rund 400 Millionen Jahren. Aus jüngeren Schichten gab es aber keine Belege für solche „Überlebenden“ – bis jetzt.

Irrtümlich als Stummelfüßer klassifiziert

Wissenschaftler der Universität Greifswald hatten gemeinsam mit Kollegen aus Leipzig und New Haven in der Sammlung des Royal Ontario Museums in Toronto unter anderem Fossilien aus dem Karbonzeitalter untersucht. Dabei entdeckten sie in einer Schublade in der Sammlung ein Fossil, das ursprünglich als ein Stummelfüßer identifiziert worden und wohl auch bereits als solcher ausgestellt gewesen war. Doch bei näherer Untersuchung entpuppte sich das 300 Millionen Jahre alte Relikt als etwas ganz anderes: als ein langbeiniger Lobopode. Denn er hatte nur halb so viele Beine wie ein Stummelfüßer, die dafür aber besonders lange und schlauchförmig waren. Auch die für Stummelfüßer typischen Antennen fehlten dem Tier.

Das neue Fossil deutet darauf hin, dass vermeintlich primitive Körperformen in der Erdgeschichte sehr viel länger erfolgreich waren als gedacht. Und auch, dass ihr Aussterben am Ende des Kambriums weit weniger dramatisch ausfiel als bisher angenommen worden war. (Current Biology , 2012; doi:10.1016/j.cub.2012.06.066)

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(Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, 20.08.2012 – NPO)

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