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Biologie

Tropen-Fisch angelt Partnerin mit Pseudo-Nahrung

Kiemenanhängsel imitiert Ameise oder Käfer

Pseudo-Beute als Köder: Das Männchen des Zwergdrachenflossers (rechts) imitiert mit einem Kiemenanhang ein schmackhaftes Insekt, das Weibchen ist kurz davor, hineinzubeißen und wird dann vom Männchen begattet. © Kolm et al. Current Biology

Die Männchen einer tropischen Fischart locken mit besonders raffinierten Mitteln zur Paarung: Ein Anhängsel ihrer Kiemendeckel imitiert entweder eine Ameise oder einen Käfer – je nachdem, welche Nahrung in ihrem Teil des Flusses häufiger ist. Das Weibchen schnappt nach der vermeintlichen Lieblingsnahrung und das Männchen nutzt diesen Moment, um die Partnerin zu begatten. Diese ungewöhnliche Werbestrategie haben schwedische Forscher bei Zwergdrachenflossern (Corynopoma riisei) in Trinidad beobachtet. Diese Paarungsstrategie erkläre, warum die Köder der Männchen entlang verschiedener Flussabschnitte ganz unterschiedlich aussehen können. Und sie zeige, dass Umweltbedingungen auch die Signale beeinflussen und verändern können, die Tiere innerhalb einer Art verwenden, berichten die Forscher im Fachmagazin „Current Biology“.

Dass Männchen ihre Weibchen anlocken, indem sie Nahrung imitieren, gibt es im Tierreich häufiger. So duften männliche Prachtbienen nach nektarreichen Blüten, Wassermilben ahmen bei ihrer Balz die zuckenden Bewegungen eines ins Wasser gefallenen Insekts nach. Ob diese Werbestrategien aber innerhalb einer Art so flexibel sind, dass sie auch an die jeweilige lokale Vorzugsnahrung angepasst werden können, sei bisher unbekannt gewesen, berichten die Forscher. Mit den Zwergdrachenflosser habe man nun ein solches Beispiel entdeckt.

Der etwa sechs Zentimeter lange Zwergdrachenflosser lebt in den Flüssen Trinidads und Venezuelas. Je nach Flussbreite und Uferbewuchs ernährt er sich entweder vorwiegend von Baumameisen, die von überhängenden Ästen ins Wasser stürzen, oder aber von Käfern und Insektenlarven. „Der Anteil der Ameisen variiert dabei je nach Flussabschnitt zwischen zehn und 75 Prozent“, schreiben Niclas Kolm von der schwedischen Uppsala Universität und seine Kollegen. Die einzelnen Populationen entlang des Flusses mischten sich kaum, dadurch bleibe auch das Nahrungsspektrum innerhalb einer Gruppe immer relativ gleich.

Form des Köderanhangs variiert je nach Hauptnahrung

Die Forscher beobachteten, dass die an einem dünnen Fortsatz hängenden Köder der Männchen in ameisenreichen Flussabschnitten eher länglich und gebogen waren – und damit relativ ameisenähnlich. In Abschnitten mit vorwiegend Käfernahrung waren sie dagegen kompakter und rundlicher und glichen damit eher einem Käfer. In Laborversuchen testeten die Wissenschaftler, ob Weibchen tatsächlich jeweils die Köderform bevorzugten, die ihrer Hauptnahrung entsprach. Dazu fütterten sie in Gefangenschaft aufgezogene Weibchen jeweils entweder mit Ameisen oder mit Käfern. Anschließend präsentierten sie ihnen zwei Lockköder zur Auswahl: Einen von einem Männchen aus ameisenreichen und einen aus käferreichen Flussgebieten. „Wie erwartet bissen die an Ameisen gewöhnten Weibchen häufiger in den Köder, der ameisenähnlicher war“, berichten die Wissenschaftler.

„Das ist ein natürliches Beispiel für einen Fischköder, der auf maximalen Erfolg abgestimmt ist“, erklärt Kolm. Er gleiche immer der Nahrung, die im Fanggebiet gerade besonders häufig sei. In diesem Fall allerdings sei die geköderte Beute keine Nahrung, sondern eine Partnerin. Nach Ansicht der Forscher könnte diese Anpassung des Paarungsverhaltens im Laufe der Zeit sogar so weit gehen, dass zwei verschiedene Arten entstehen. Deren Vertreter können sich dann nicht mehr miteinander paaren, weil sie nicht die richtigen Signale – Köder – besitzen. (doi:10.1016/j.cub.2012.05.050)

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(Current Biology, 13.07.2012 – NPO)

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