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Biologie

Tintenfische täuschen Rivalen mit Farbtrick

Balzende Sepia-Männchen tarnen sich auf einer Körperseite als Weibchen

Ein Sepia-Männchen (rechts) zeigt dem hier nicht sichtbaren Rivalen die weibliche Hautmusterung und seiner Auserwählten (links) die gestreifte Balztracht. © Culum Brown

Um Konkurenzten fernzuhalten, benutzen Tintenfische einen ganz besonderen Trick: Auf der zum Nebenbuhler hingewandten Seite färben sie ihre Haut so, dass sie wie die braun-weiß gefleckten Weibchen aussehen. Auf der Seite, die ihre Auserwählte im Blickfeld hat, stellen sie hingegen ihre gestreifte Balztracht zur Schau. Das berichten australische Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“, nachdem sie Sepia-Populationen über Jahre hinweg in verschiedenen Lebensräumen beobachtet haben. Die ausgeklügelte Balzstrategie zeige die hohe geistige Entwicklung der Kopffüßer. Die komplexen sozialen Beziehungen mit ihren Artgenossen habe diese fortgeschrittene Gehirnentwicklung vermutlich stark gefördert, meinen die Wissenschaftler.

Dass Tintenfische ihre Hautfarbe verändern, um sich vor Fressfeinden oder ihrer Beute zu verstecken, ist nicht neu. Auch Farbspiele bei der Balz wurden bereits bei Riesentintenfischen beobachtet. Einige Kopffüßer passen während der Balz den hinteren Teil ihres Körpers der Umgebung an, um unsichtbar für Fressfeinde zu werden. „Unsere Studie zeigt jedoch zum ersten Mal, dass Tintenfische beide Geschlechter gleichzeitig bei der Balz nachahmen können“, schreiben Column Brown und seine Kollegen von der Macquartie University in Sydney in ihrer Veröffentlichung.

Für ihre Studie hatten die Meeresbiologen freilebende Tintenfische der Art Sepia plangon im Hafen von Sydney untersucht. Über sechs Jahre hinweg fotografierten und filmten sie die Tiere während ihrer Paarungszeit von Juli bis November. Zudem fingen sie einige Exemplare ein und hielten sie für mehrere Wochen in einem großen Aquarium unter Beobachtung.

Tarnverhalten zeugt von Cleverness

Wie die Forscher berichten, wandten die freilebenden Sepia-Männchen ihre täuschende Balztaktik in rund 40 Prozent aller Fälle an, in denen sich eine Gruppe aus zwei Single-Männchen und einem Weibchen zusammenfand. Auf der dem Rivalen zugekehrten Seite zeigte das balzende Männchen dabei die gefleckte Hautmusterung eines Weibchens. Auf der dem Weibchen zugewandten Seite nahm es dagegen die typische gestreifte Balzfärbung an. Sah sich der Tintenfisch aber zwei Weibchen und einem männlichen Rivalen gegenüber, nutzte er diese Strategie nicht. „Vielleicht ist das Männchen dann zu abgelenkt und hat Schwierigkeiten, sich auf eines der Weibchen zu konzentrieren“, mutmaßen die Wissenschaftler.

Die raffinierte, nur in passenden Konstellationen eingesetzte Täuschungsstrategie zeige, dass die geistige Entwicklung dieser Meerestiere relativ weit fortgeschritten sei, folgern die Studienautoren. Denn würden sie ihre Taktik immer anwenden, wenn ein Weibchen in der Nähe ist, könnten sie leicht enttarnt und angegriffen werden, wenn mehrere rivalisierende Männchen um das Weibchen herum postiert sind. Denn für einige der Konkurrenten wäre dann der Blick frei auf Seite mit der Balztracht. Damit das Farbenspiel überhaupt funktioniere, müssten sich die Männchen zudem genau zwischen den Nebenbuhler und das Weibchen positionieren.

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Durch die besseren Beobachtungsmöglichkeiten im Aquarium konnten die Wissenschaftler schließlich auch den Erfolg des Täuschungsmanövers nachweisen. Insgesamt beobachteten sie das Farbenspiel bei den Tieren in Gefangenschaft zwar nur zweimal, dafür kam das Männchen aber in beiden Fällen zum Zug und durfte die Auserwählte befruchten. (doi:10.1098/rsbl.2012.0435)

(Biology Letters, 04.07.2012 – IRE)

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