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Umwelt

Forscher röntgen freischwebenden Feinstaub

Rußpartikel haben vielfältigere Formen als angenommen

Mit den neuen Röntgenverfahren aufgenommenes Diffraktionsbild eines Rußpartikels. © Duane Loh et al.

Forschern ist es erstmals gelungen, winzige schwebende Rußpartikel einzeln zu erfassen und sie mit Hilfe eines Lasers abzulichten. Dabei zeigte sich: Die Teilchen, die beispielsweise beim Verbrennen von Dieselkraftstoff entstehen, sind wie Schneeflocken – nicht zwei von ihnen sind gleich. Dank der neuen Messungen ist es nun möglich, Form und Eigenschaften der nur wenige Tausendstel Millimeter großen Partikel miteinander in Beziehung zu setzen. Die Ergebnisse dieser Analysen könnten unter anderem helfen, den Zusammenhang zwischen Aerosolen aus solchen Teilchen und der globalen Erwärmung besser zu verstehen. Das schreiben Duane Loh von SLAC National Accelerator Laboratory, einem Teilchenbeschleunigungszentrum des US-Energieministeriums, und seine Kollegen, die unter anderem am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) und in verschiedenen Max-Planck-Instituten arbeiten, im Fachmagazin „Nature“.

Kleine Teilchen mit großer Wirkung

Von den vielen in der Luft umhertreibenden Teilchen sind vor allem die sehr kleinen – in der Größenordnung bis 2,5 Mikrometer (Tausendstel Millimeter) – für Forscher interessant. Denn sie gelten nicht nur als einer der wichtigsten Faktoren für die globale Erwärmung, sondern auch als Gesundheitsrisiko, da sie nach dem Einatmen tief in die Lunge eindringen können. Ihre Analyse gestaltete sich bislang allerdings schwierig. Um sie zum Beispiel unter ein Mikroskop legen zu können, müsste man die Teilchen auf eine Art Objektträger aufbringen. Dabei klumpen sie jedoch häufig zusammen und verändern ihre Eigenschaften, so dass sich die Ergebnisse nicht unbedingt auf schwebende Partikel übertragen lassen.

Diese Simulation zeigt eine der vielen Formen, die ein Rußpartikel in der Luft haben kann. © Duane Loh & Andy Freeberg.

Loh und seine Kollegen entschieden sich daher dafür, die Schwebteilchen sozusagen zu röntgen: Sie erzeugten künstliche Rußteilchen, indem sie mit Hilfe von elektrischen Entladungen Teilchen aus einem Graphitblock herauslösten. Diese schickten sie dann in einem Gasgemisch aus Argon und Stickstoff durch einen dünnen Luftstrahl. Dieser kreuzte den Weg eines Röntgenlasers, der extrem starke und kurze Röntgenblitze erzeugen kann. Die Forscher nutzten dazu den zurzeit stärksten Röntgenlaser der Welt, den Freie-Elektronen-Laser (FEL) LCLS am SLAC in Kalifornien. Das Messprinzip dahinter: Trifft ein solcher Blitz auf ein Rußteilchen, wird das Röntgenlicht auf eine ganz bestimmte Art und Weise gebeugt – abhängig davon, wie das Teilchen beschaffen ist. Aus dem Beugungsmuster, das von Detektoren erfasst wird, lässt sich daher die Struktur des Partikels ableiten.

Feinstaub und Smog in der Luft über Shanghai. © Mike Bogan/SLAC

Form und Beschaffenheit lassen sich gleichzeitig messen

Gleichzeitig kann ein nachgeschaltetes Massenspektrometer genau Auskunft über die chemische Zusammensetzung des analysierten Teilchens geben. Das sei beispielsweise wichtig, um zwischen reinen Rußpartikeln und solchen aus Stoffmischungen zu unterscheiden, erläutern die Forscher. Solche Mischungen kommen etwa in Küstenstädten vor, wo sich Rußteilchen an Salzpartikel anlagern und so ganz eigene Aerosolvarianten bilden. Das Laser-Messsystem sei in der Lage gewesen, problemlos zwischen diesen beiden Formen zu unterscheiden, schreibt das Team.

Die in der Studie untersuchten Partikel waren insgesamt kompakter, als Modelle vorhergesagt hatten, ergab die Auswertung. Überrascht waren die Forscher zudem über die große Strukturenvielfalt. Es sei jetzt erstmals möglich, nach einem Zusammenhang zwischen bestimmten Strukturmerkmalen und den Eigenschaften der Partikeln, etwa ihrer Giftigkeit, zu suchen, kommentiert Erstautor Loh. Zudem bestimme die Struktur der Rußteilchen in der Atmosphäre, wie sie auftreffendes Sonnenlicht streuen, und das wiederum sei wichtig, um zu verstehen, wie Sonnenenergie von der Atmosphäre absorbiert wird, ergänzt sein Kollege Andrew Martin vom Hamburger DESY. Die Methode soll jetzt unter anderem angewendet werden, um die Bildung von Feinstaubpartikeln während der Verbrennung von Dieselkraftstoff zu beobachten. (doi: 10.1038/nature.11222)

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(Nature, 28.06.2012 – ILE)

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