US-Forscher haben einen Fotoapparat konstruiert, der Bilder mit einer Auflösung von einem Gigapixel oder 1.000 Megapixeln aufnehmen kann. Aktuell verfügbare Digitalkameras schaffen dagegen lediglich zwischen 8 und 40 Megapixel. Kern des neuen Systems ist eine Kombination aus 98 einzelnen Mikrokameras, deren Aufnahmen elektronisch zu einem einzigen hochauflösenden Bild zusammengefügt werden. Dadurch entstehen Bilder mit einem einzigartigen Detailreichtum, konnten die Forscher zeigen. Bisher ist die Kamera allerdings alles andere als handlich: Der Prototyp misst 75 mal 75 mal 50 Zentimeter. Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollte sich die Elektronik jedoch soweit verkleinern lassen, dass auch Handgeräte entwickelt werden können, schreiben David Brady von der Duke-Universität in Durham und seine Kollegen im Fachmagazin „Nature“.
Aufgabenteilung für ein gestochen scharfes Bild
Jede der 98 kleinen Kameras im Innern des Systems verfügt über eine Auflösung von 14 Megapixeln. Die Mini-Geräte sind rund um ein gemeinsames Objektiv angeordnet, das beim Fotografieren das Licht einfängt und zu den einzelnen Kameras weiterleitet. Auf diese Weise bearbeitet jeder Miniatur-Apparat nur einen kleinen Teil des Gesichtsfeldes, wobei sich die Bereiche an den Rändern etwas überlappen, damit keine Information verloren geht. Die 98 Einzelbilder werden anschließend von einem Prozessor bearbeitet und zu einem einzigen Bild zusammengefügt.
Der Vorteil an diesem Prinzip ist laut den Forschern, dass jede der kleinen Kameras einzeln angesteuert werden kann. Dadurch lasse sich beispielsweise die Belichtungszeit punktgenau an die Lichtverhältnisse auf dem Bild anpassen, was Überbelichtungen oder zu dunkle Bildbereiche verhindert. Theoretisch ist mit dem Gerät eine Auflösung von 50 Gigapixeln möglich, der aktuelle Prototyp schafft knapp ein Gigapixel über ein Gesichtsfeld von 120 Grad Breite und 50 Grad Höhe.
Unvorstellbare Detailgenauigkeit
Die neue Technik erlaubt es, eine Vielfalt an Details auf den Bildern zu erkennen, die der Fotograf selber gar nicht sehen kann. So ist beispielsweise auf der Weitwinkelaufnahme eines Sees klar zu erkennen, wie viele Schwäne sich gerade im Wasser befinden und wie viele über das Gebiet fliegen. Eine derart exakte Zählung zu einem genau definierten Zeitpunkt sei bisher nicht möglich gewesen, denn ähnliche Auflösungen ließen sich nur mit Bildserien realisieren, bei denen das letzte Bild naturgemäß später aufgenommen wird als das erste. Die Gigapixel-Bilder könnten daher als ein neuartiges Werkzeug für Forscher betrachtet werden, lautet das Fazit der Entwickler.
Es gibt allerdings noch einige Hürden, die dem breiten Gebrauch des Systems im Weg stehen. Besonders schnell ist die Kamera beispielsweise nicht: In der maximalen Auflösung kann sie drei Bilder pro Minute aufnehmen. Herkömmliche Digitalkameras kommen dagegen auf mehrere Aufnahmen pro Sekunde. Buchstäblich schwerwiegender sind jedoch unhandlichen Abmessungen. Diese seien vor allem der Elektronik und dem dafür nötigen Kühlsystem geschuldet, erläutert das Team – die Optik nehme weniger als drei Prozent des Gesamtvolumens in Anspruch. Mit der fortschreitenden Miniaturisierung von Speichern, Prozessoren und Schaltkreisen rücke jedoch eine kleinere Version in greifbare Nähe, sind sie überzeugt. (doi: 10.1038/nature11150)
(Nature, 21.06.2012 – ILE)