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Zoologie

Lärm beeinflusst die Gesangsauswahl junger Singvögel

Nur gut hörbare Tonfolgen schaffen es ins Repertoire

Singende Sumpfammer (Melospiza georgiana) © Susan Peters et al. /Biology Letters

Lärm lässt viele Vögel nicht nur lauter singen, er verändert auch ihr Repertoire: In einer lauten Umgebung lernen junge Singvögel andere Gesänge als in ruhigeren. Das haben US-amerikanische Forscher in einem Experiment mit Sumpfammern herausgefunden. Dabei prägten sich die Jungvögel nur diejenigen Tonfolgen ihrer Artgenossen ein, die klar und unverzerrt bei ihnen ankamen. Tonfolgen, deren Klangqualität durch den Umgebungslärm gelitten hatte, wurden dagegen vollkommen ignoriert. Lärm spiele damit eine wichtige Rolle für die kulturelle Weitergabe der Gesänge bei den Vögeln, berichten die Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“. Dieser Effekt könnte auch erklären, warum Singvögel der gleichen Art in verschiedenen Lebensräumen häufig ganz unterschiedliche Tonfolgen singen.

„Junge Sumpfammern müssen erst die Gesänge ihrer Artgenossen hören, um ihren arteigenen Gesang zu erlernen“, schreiben Susan Peters von der Duke University in Durham und ihre Kollegen. Die in der Prägephase der Jugend gelernten Tonfolgen bestimmen bei ihnen und vielen anderen Singvögeln auch das Repertoire im Erwachsenenalter. Unklar sei aber bisher gewesen, welche Faktoren die Auswahl der gelernten Tonfolgen beeinflussen. Jetzt habe man erstmals belegt, dass der Umgebungslärm prägen kann, was ein Singvogel für den Rest seines Lebens singt.

Sumpfammer © Susan Peters et al. /Biology Letters

Gesangsstunden für junge Singammern

Für ihr Experiment zogen die Forscher neun junge männliche Sumpfammern (Melospiza georgiana) in einem schallisolierten Raum auf. Ab dem Alter von 20 Tagen spielten sie den Jungvögeln zweimal täglich 16 verschiedene Gesänge von Artgenossen vor. Acht davon hatten die Wissenschaftler im Freiland direkt in der Nähe singender Sumpfammer-Männchen aufgenommen. Die anderen acht hatten sie 25 Meter von den Sängern entfernt in einer eher lauten Umgebung aufgezeichnet. Diese Tonfolgen waren zwar noch deutlich hörbar, aber ihre Qualität war schlechter als die der Nahaufnahmen. Die Wissenschaftler bearbeiteten alle Aufnahmen so nach, dass sie mit exakt gleicher Lautstärke vorgespielt werden konnten.

Nach zwölf Wochen der Schulung begannen die Jungvögel selbst zu singen. Alle neun trällerten dabei ausschließlich die Tonfolgen, die sie zuvor in guter Qualität gehört hatten. „Es war nicht überraschend, dass die Sumpfammern diese Gesänge bevorzugten, wohl aber, wie klar das Ergebnis ausfiel“, “ sagt Peters. Keiner der Jungvögel hatte einen der durch Lärm beeinträchtigen Tonfolgen gelernt.

Gut hörbare Tonfolgen

Nach Ansicht der Forscher hat die Vorliebe der jungen Sumpfammern für die klaren, ungestörten Tonfolgen einen ganz praktischen Nutzen: Sie prägen sich von vornherein die Tonfolgen ein, die in ihrer jeweiligen Umgebung am besten zu hören sind. Mit ihnen können sie sich dann erfolgreicher gegen andere Männchen im Gesangduell durchsetzen oder aber Weibchen anlocken.

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Im Laufe der Zeit entstehe so ein Unterschied zwischen den Gesängen der Vögel in verschiedenen Lebensräumen. Der Lärmpegel der Umgebung beeinflusse die kulturelle Weitergabe der Gesänge und verändere damit langfristig das Repertoire von Singvögeln. „Das hilft zu erklären, warum die Vogelgesänge so vielfältig sind „, sagt Peters. Vorherige Studien hatten bereits gezeigt, dass viele Vögel bei Lärm lauter singen und häufiger diejenigen Strophen ihrer Gesänge wiederholen, die auch in lauten Umgebungen besonders gut zu hören sind. Das jetzige Experiment belegt nun auch sehr langfristige Auswirkungen des Lärms. (doi:10.1098/rsbl.2012.0446)

(Biology Letters, 20.06.2012 – NPO)

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