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Zoologie

Hormonrätsel schwangerer Elefantenkühe geklärt

Mehrere Gelbkörper im Eierstock ermöglichen längste Schwangerschaft im Tierreich

Elefanten in Südafrika © Gorgo / gemeinfrei

Die Schwangerschaft einer Elefantenkuh dauert fast zwei Jahre – so lange wie bei keinem anderen Tier. Wie die Rüsseltiere eine so lange Tragezeit physiologisch bewerkstelligen, hat ein deutsch-kanadisches Forscherteam nun mittels Ultraschall und Hormonmessungen herausgefunden: In den Eierstöcken der Elefantenkühe reifen immer mehrere Eizellen gleichzeitig zu sogenannten Gelbkörpern heran. Sie geben während der gesamten Schwangerschaft das Hormon Progesteron ab. Dieses passt die Gebärmutter an die Bedürfnisse des Ungeborenen an und macht so die lange Schwangerschaft erst möglich, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“ berichten.

„Um die Schwangerschaft über 22 Monate hinweg zu ermöglichen, haben die Elefanten eine äußerst ungewöhnliche Strategie entwickelt“, schreiben Imke Lüders vom Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung und ihre Kollegen. Denn beim Menschen und bei fast allen anderen Säugetieren entstehe im Eierstock jeweils nur ein Gelbkörper pro Zyklus. Er bildet sich nach dem Eisprung aus der Hülle der in den Eileiter abgegebenen Eizelle. Wird die Eizelle nicht befruchtet, schrumpft der Gelbkörper zusammen und hört auf, Progesteron zu produzieren. Als Folge wird die Gebärmutterschleimhaut abgestoßen und die Menstruation beginnt. Wird die Eizelle befruchtet, bleibt der Gelbkörper dagegen erhalten und produziert in den ersten fünf bis sechs Schwangerschaftswochen weiterhin Progesteron. Danach übernehmen andere Organe die Hormonproduktion, beim Menschen beispielsweise die Plazenta.

Woher aber das Elefantenweibchen das Hormon für ihre lange Tragzeit bekomme, sei bisher unklar gewesen, sagen die Forscher. Denn weder ihre Plazenta noch der Embryo produzierten ausreichend Progesteron. Jetzt habe man festgestellt, dass die bis zu sechs zusätzlichen Gelbkörper diese Aufgabe übernehmen.

Die Forscher hatten für ihre Studie die Schwangerschaft von 15 Asiatischen und zwei Afrikanischen Elefantenkühen verfolgt und dabei regelmäßig Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke und der Gebärmutter sowie Hormonmessungen durchgeführt.

Schwangerschaft anfangs nicht erkennbar

Die zusätzlichen Gelbkörper entstehen in jedem Zyklus des Elefantenweibchens beim Eisprung – egal ob eine Schwangerschaft folgt oder nicht. Erkennbar wird die Schwangerschaft bei der Elefantenkuh erst nach fünf bis sechs Wochen, wenn sich ein Embryo erfolgreich in der Gebärmutterschleimhaut eingenistet hat, wie die Forscher berichten. Denn erst dann beginnen die Gelbkörper zu wachsen und vermehrt Progesteron auszuschütten.

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Diese Verzögerung stelle sicher, dass die lange Schwangerschaft mit all ihren Umstellungen nur dann beginne, wenn der Fötus gesund sei – gesund genug, um die ersten Wochen außerhalb der Gebärmutterschleimhaut überlebt zu haben.

Jungelefant braucht lange Tragzeit für sein Gehirn

„Noch ist nicht genau klar, warum die Elefanten überhaupt eine so ungewöhnlich lange Tragzeit benötigen“, sagen Lüders und ihre Kollegen. Ein Grund sei sicherlich der langsame Stoffwechsel und die langsamere Zellteilung so großer Tiere. Auch die Entwicklung eines Fötus dauere dadurch länger. Noch notwendiger sei die lange Schwangerschaft aber wahrscheinlich für das Gehirn der Elefantenjungen, das bei deren Geburt schon sehr reif sei.

„Elefanten gelten als ähnlich intelligent wie Menschenaffen und Delfine“, meinen die Forscher. Die Jungtiere seien schon von Geburt an dazu fähig, das komplexe Sozialgefüge ihrer Herde zu verstehen. Und auch ihren Rüssel handhaben sie von Anfang an souverän: Sie greifen damit zu, verschieben Hindernisse oder halten den Schwanz ihrer Mutter fest. Das aber erfordere eine weit fortgeschrittene Gehirnentwicklung – die entsprechend lange Zeit benötige. (doi:10.1098/rspb.2012.1038)

(Proceedings of the Royal Society B, 20.06.2012 – NPO)

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